Weniger Betten, mehr Synergien

So könnte das Klinikum in Bad Hersfeld bald aussehen: Im Vordergrund der Illustration sind die bereits bestehenden Gebäude aus Blickrichtung Südwesten (Am Wendeberg) abgebildet. Im hinteren Teil, mit den angedeuteten Fenstern und den kleinen HKZ-Schriftzügen, soll der Erweiterungsbau (Grundfläche: 7500 Quadratmeter) entstehen. Der Hubschrauber soll künftig auf dem Dach des Neubaus landen. Illustration: Klinikum Bad Hersfeld

So sieht der Klinikstandort Bad Hersfeld derzeit aus. Der Neubau soll dort entstehen, wo jetzt die Mitarbeiterparkplätze sind.

Die Akutmedizin des HKZ soll zum Jahreswechsel 2025/2026 nach Bad Herfeld verlagert werden. Im HKZ verbleiben sollen lediglich die Reha-Abteilungen (Foto: W.Apel)

 

Einerseits plant das Klinikum Hersfeld-Rotenburg schon eine Zukunft mit dem von der Gesellschafterversammlung gewünschten Neubau. Andererseits weiß niemand, ob überhaupt das dafür notwendige Fördergeld fließt. Dazu Fragen und Antworten.

Das Klinikum hat den Förderantrag für den millionenschweren Anbau nun eingereicht. Warum sagt die Geschäftsführung nicht, um wie viel Geld es geht?

Aus taktischen Gründen. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass es unklug wäre, wenn schon über Millionen diskutiert würde, bevor man im Sozialministerium den Förderantrag überhaupt zu Ende gelesen hat. Torsten Warnecke (SPD), Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender des kommunalen Klinikverbundes, hatte zuletzt im Kreistag gesagt: „Wir sind in vertraulichen Gesprächen mit dem Land Hessen und wollen unsere Verhandlungsposition nicht schwächen, indem wir jetzt schon öffentlich über Summen reden.“

Wie geht’s jetzt weiter?

Das Klinikum hat den Antrag, der laut Geschäftsführer Rolf Weigel den Umfang von zwei Aktenordnern hat, sowohl digital als auch klassisch per Post beim Sozialministerium eingereicht. Dieser wird jetzt in Wiesbaden geprüft. Sollten das Land und die Landesverbände der Krankenkassen, die ebenfalls ein Wörtchen mitreden, die Verlagerung der Akutmedizin nach Bad Hersfeld und damit den Erweiterungsbau befürworten, landen die Pläne beim Bundesamt für Soziale Sicherung in Bonn, das für das beantragte Fördergeld aus dem Krankenhausstrukturfonds zuständig ist.

Für wann wird mit einer Entscheidung gerechnet?

Schwer zu sagen. Klinikum-Geschäftsführer Rolf Weigel spricht davon, dass „die bisher sehr konstruktiven und positiven Abstimmungsgespräche“ mit dem Ministerium und Vertretern der Krankenkassen erst einmal „bis voraussichtlich Ende April“ fortgesetzt werden. Wie es dann weitergeht, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös abschätzen.

Wie stehen die Chancen, dass das Geld bewilligt wird?

Aufsichtsrat und Geschäftsführung geben sich zumindest betont optimistisch. Landrat Torsten Warnecke berichtet etwa von „sehr positiven Gesprächen“ mit dem Sozialministerium. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte sich auch Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bei einem Besuch Bad Hersfeld aus Sicht des Klinikums positiv geäußert: „Ich bin zuversichtlich, dass das Bundesamt für Soziale Sicherung mitspielt.“

Was ist über den geplanten Neubau bekannt?

Der Erweiterungsbau soll direkt neben den Klinikum-Gebäuden am Seilerweg in Bad Hersfeld hochgezogen werden. Genauer: In dem Bereich, auf dem sich heute der Mitarbeiterparkplatz und der Hubschrauberlandeplatz befinden. Geplant ist laut Geschäftsführer Weigel ein „drei- bis vierstöckiges Gebäude“ mit einer Gesamtfläche von 50 000 Quadratmetern (Grundfläche: 7500 Quadratmeter), das sich an den Maßen des Bettenhauses Nord und des Funktionstrakts orientiert. Um sich die Dimensionen vorzustellen: Das HKZ in Rotenburg verfügt über eine Gesamtfläche von 85 000 Quadratmetern. Als Herausforderung bezeichnet Weigel die Hanglage. Das Erdgeschoss des Neubaus würde ungefähr auf der Höhe des dritten Stocks des angrenzenden Altbaus liegen.

Mit wie vielen Betten plant das Klinikum nach der Umstrukturierung?

Wenn sämtliche Akutmedizin ans Klinikum verlagert werden sollte, wird die Bettenanzahl merklich reduziert. „Wir werden insgesamt etwa 160 Betten abbauen“, sagt Rolf Weigel. Momentan verfügen Klinikum, HKZ und Orthopädie zusammen über 800 akutmedizinsche Betten. Nach der Verlagerung würden davon also noch rund 640 übrig bleiben.

Ist es geplant, Mitarbeiter zu entlassen?

„Nein, Kündigungen werden, glaube ich, kein Thema sein“, so Weigel auf Nachfrage. Auch das viel diskutierte Curacon-Gutachten, das vor zwei Jahren den Anstoß zum Radikalumbau gab, sehe „im pflegerischen und ärztlichen Bereich keine personellen Überhänge“. Allerdings seien in nichtmedizinischen Berufen Einsparungen geplant, vor allem dort, wo Doppelstrukturen abgebaut werden sollen. Ein Beispiel: „Wir haben jetzt drei Rezeptionen, künftig brauchen wir nur noch eine“, sagt Weigel.

Bleibt der Haupteingang im alten Gebäude?

Nein, der Haupteingang soll sich künftig im Neubau befinden. Auch die Rettungswagen sollen über den Seilerweg die zentrale Notaufnahme anfahren, die ebenfalls dort eingerichtet werden soll. Der Helikopterlandeplatz soll aufs Dach des neuen Gebäudes verlegt werden.

Welche Kliniken sollen in das neue Gebäude ziehen?

Mit dieser und anderen Fragen befassen sich derzeit unter anderem elf Arbeitsgruppen. „Da der Erweiterungsbau ein gemeinsames Gebäude werden soll, sind in den Arbeitsgruppen Vertreter der drei Häuser vertreten: von Klinikum, HKZ und Orthopädie“, sagt Rolf Weigel. Sie befassen sich beispielsweise auch damit, wie die neue Notaufnahme aussehen soll, wo Ein- oder Zweibettzimmer sinnvoll wären und wie der Intensivbereich am klügsten gegliedert sein müsste. „Wir planen mit 50 Intensivbetten in verschiedenen Untergliederungen“, sagt Weigel auch mit Blick auf eine spezielle Behandlungseinheit für Infektionskrankheiten. „Wir wollen das, was wir durch die Pandemie gelernt haben, umsetzen.“ Synergieeffekte erhofft sich die Geschäftsführung zudem davon, dass die Kardiologie des HKZ und die Hersfelder Kardiologie in dem Neubau verschmelzen sollen, das gelte auch für die Teams der Rotenburger Herzchirurgie und der Hersfelder Gefäßchirurgie.

Wo kommt die Orthopädie hin?

Ob die Orthopädie ebenfalls in den Neubau oder in einen der bestehenden Gebäudeteile zieht, steht laut Rolf Weigel noch nicht fest.

Was wird aus dem Altbau?

Klar ist, so Rolf Weigel, dass das Bettenhaus West nach Fertigstellung des Neubaus für eine stationäre Krankenversorgung nicht mehr vorgesehen ist. Es soll deshalb künftig als Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) genutzt werden, dafür sei es noch „sehr gut nutzbar“. Die bisher drei MVZ-Standorte – am Klinikum selbst, am Markt und an der Frankfurter Straße in Bad Hersfeld – sollen zentral ans Klinikum angedockt werden. Das Bettenhaus Mitte sei ebenfalls für die stationäre Versorgung nicht mehr vorgesehen. Denkbar sei, sagt Weigel, dass dort beispielsweise tagesklinische Angebote, Untersuchungsräume und die Verwaltung untergebracht werden.

Gibt’s Neuigkeiten, wie es mit den HKZ-Gebäuden in Rotenburg nach dem Umzug weitergehen soll?

„Wir sind weiterhin in Gesprächen mit dem Finanzministerium“, sagt Rolf Weigel. Derzeit sind bereits mehr als 300 Studenten im HKZ untergebracht. Eine Möglichkeit sei, dass das Studienzentrum der Finanzverwaltung und Justiz weitere Räumlichkeiten für seine Studenten nutzt. Die Rodenbergklinik soll als Rehabilitationszentrum weiterbetrieben werden.

 

Klinikum hofft auf Millionen

Förderantrag für Neubau eingereicht - Summe bleibt vorerst offen

Wie viel Geld der geplante Erweiterungsbau am Klinikum Bad Hersfeld kosten wird, bleibt vorerst weiter offen. Es spricht aber viel dafür, dass die bislang geschätzten rund 100 Millionen Euro nicht reichen. Immerhin: Der Antrag auf Fördergeld ist inzwischen beim hessischen Sozialministerium eingereicht worden, wie das Klinikum unserer Zeitung bestätigt.

„Wir haben zwei Leitz-Ordner nach Wiesbaden geschickt“, sagt Geschäftsführer Rolf Weigel. Allerdings stünden noch weitere Gespräche sowie eine Prüfung des Antrags und des Fördervolumens aus. „Deshalb ist es für weiterführende Informationen noch zu früh“, so Weigel auf Nachfrage unserer Zeitung, mit wie viel Geld das Klinikum denn nun rechne.

Auch Landrat Torsten Warnecke, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender des kommunalen Klinikverbunds, zu dem auch das Rotenburger Herz-Kreislauf-Zentrum und die Orthopädie gehören, verweist auf die vertraulichen Gespräche mit dem Land. Im Kreistag hatte der Sozialdemokrat zuletzt angedeutet, dass 100 Millionen Euro für den Neubau auch aufgrund von Baukostensteigerungen wohl nicht ausreichen werden.

Mit dem Antrag befasst sich nun das Sozialministerium. Sollten das Land und die ebenfalls involvierten Landesverbände der Krankenkassen grünes Licht geben, landet der Antrag beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), das letztlich über die Vergabe von Mitteln aus dem Krankenhausstrukturfonds II entscheidet. Erklärtes Ziel des bis 2024 aufgelegten Fonds ist es laut BAS unter anderem, die Anzahl der Krankenhausstandorte zu reduzieren und „Überkapazitäten“ abzubauen.

Wie viel Geld der Landkreis als Eigentümer des Klinikverbunds selbst beisteuern muss, ist ebenfalls noch unklar und hängt davon ab, ob und wie viel Fördergeld fließt. Wann eine Entscheidung erfolgt, sei noch nicht absehbar, so Weigel.

Sollte das BAS den Antrag bewilligen, plant das Klinikum 2023 mit dem Baustart. Der Umzug in das neue Gebäude wäre dann für den Jahreswechsel 2025/2026 terminiert. (Sebastian Schaffner_HZ v. 17.03.2022)