Was wird aus dem HKZ?

Mit dem Vorschlag, das Herz- und Kreislaufzentrum Rotenburg (HKZ) zu kaufen, hat das Klinikum Bad Hersfeld für eine handfeste Überraschung gesorgt.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum 100 Millionen Euro umfassenden Angebotspaket.

Wie setzt sich das Angebot zusammen?
Zunächst würde das Klinikum die restlichen Schulden des HKZ aus der Insolvenz 2001 übernehmen, die dem Vernehmen nach noch rund 20 Millionen Euro betragen. Außerdem würde ein nicht näher genannter Kaufpreis an die 800 Kommanditisten der HKZ-Muttergesellschaft Pergola gezahlt. Das deckt sich nach Informationen unserer Zeitung in etwa mit dem Angebot des Rhön-Klinikums. Dann sollen neun Millionen Euro Soforthilfe für Investitionen wie die Sanierung des Hubschrauberlandeplatzes fließen.

Sind weitere Investitionen geplant?
In einem nächsten Schritt würden 20 Millionen Euro an Landesförderung auf das HKZ übertragen. An dem 42 Jahre alten Haus besteht seit der Insolvenz ein erheblicher Investitionsstau. Das Geld war ursprünglich für den Neubau des Bettenhauses Mitte am Klinikum gedacht. Das Sozialministerium hat bereits grünes Licht gegeben. Der Neubau des Bettenhauses würde sich entsprechend verzögern.

Woher nimmt das Klinikum das Geld, und woher stammt der Rest des 100-Millionen-Euro-Pakets?
Das Klinikum muss in Vorleistung treten und gegebenenfalls Bürgschaften vorlegen. Die Erwartung ist, dass das Geld wieder erwirtschaftet werden kann, wenn die Konkurrenz zwischen Klinikum und HKZ beendet ist. Auch das HKZ muss einen erheblichen Teil des 100-Millionen-Pakets selbst erwirtschaften.

Wie soll ein Krankenhaus, das vor der Insolvenz steht, wieder Gewinn machen?
Das HKZ würde auf einen Schlag zwei Belastungen los: Weil bislang Betriebsgesellschaft und Immobilien getrennt sind, zahlt es bisher Grundsteuer. Das würde jeder Käufer korrigieren und so pro Jahr über 400 000 Euro sparen. Außerdem fällt der Schuldendienst weg – wobei das Geld dann vom Klinikum aufgebracht werden muss. Allein so müsste das HKZ wieder in die Gewinnzone kommen.

Welche Rolle spielen Synergieeffekte?
Eine sehr große, und darauf stützt sich auch die Erwartung, dass die Verschmelzung von Klinikum und HKZ unterm Strich für die Gesundheitsversorgung im Kreis mehr bringt als der Kauf desHKZ durch einen Investor. Denn es geht nicht nur um geringere Verwaltungskosten oder einen günstigeren Einkauf, sondern es ist das Ende der Konkurrenz. Sie hat beide Häuser in der Vergangenheit belastet und würde sich in Zukunft noch verschärfen, wenn das HKZ in privater Hand bleibt. Das könnte für beide Häuser mittelfristig zum Problem werden. Ein gemeinsames Klinikum Hersfeld-Rotenburg hingegen könnte Fachgebiete kombinieren und „die Veränderung selbst aktiv gestaltet, anstatt sie von außen aufgedrückt zu bekommen“, sagt Landrat Dr. Michael Koch. Dazu würde langfristig auch das Kreiskrankenhaus Rotenburg gehören, mit dem ebenfalls Fusionsgespräche laufen.

Was würde ein Kauf für die Mitarbeiter bedeuten?
Das Klinikum gibt offenbar keine Beschäftigungsgarantie für einen festen Zeitraum. Geschäftsführer Martin Ködding sagt aber, dass das öffentliche Klinikum mit seiner Verantwortung für die Region niemanden entlassen würde. Sollten defizitäre Abteilungen verlagert oder geschlossen werden, gäbe es Arbeit an anderer Stelle im Konzern.

Hintergrund

So geht es weiter mit dem Angebot
Das HKZ prüft das Angebot und verhandelt mit dem Klinikum. Wird man sich einig, müssen die HKZ-Kommanditisten zustimmen. Zur Gesellschafterversammlung muss mit vier Wochen Vorlauf geladen werden. Das Rhön-Klinikum hat bislang noch nicht einmal bestätigt, dass es am HKZ Interesse hat. Pressesprecher Achim Struchholz: „Wir kommentieren Marktgerüchte nicht.“ (mcj)

pdf Artikel aus der Hersfelder Zeitung vom 05.11.2015