So bereitet sich das Klinikum auf den Hessentag vor

Auf den Katastrophenfall muss ein Krankenhaus immer vorbereitet sein – von daher ist auch der Hessentag  vom 7. bis 16. Juni für das Klinikum Bad Hersfeld eigentlich keine Ausnahmesituation, sagt Geschäftsführer Martin Ködding. Trotzdem plant man natürlich auch dort schon seit Monaten für die Zeit des Großereignisses. Denn das Klinikum muss nicht nur auf mögliche Großlagen mit vielen Verletzten reagieren können – wie sie beispielsweise bei Unwetter, Panik, Feuer oder Terror vorkommen können. Gleichzeitig soll der normale Betrieb am Laufen gehalten werden.

„Wir wollen in allen Abteilungen für unsere Patienten leistungsbereit sein“, so Ködding. Während des Hessentags gilt deshalb auch eine Urlaubssperre, die alle Bereiche und damit rund 1400 Mitarbeiter betrifft  vom medizinischen Personal über die IT bis hin zu den Reinigungskräften. Zudem wird ein zusätzlicher Rufbereitschaftsdienst eingerichtet, um bei Bedarf alle verfügbaren Kräfte einsetzen zu können. Denn sollte es tatsächlich zu einer Großlage kommen, sei jede helfende Hand sinnvoll. „Wir hoffen natürlich, dass wie bisher alles gut und friedlich abläuft, aber darauf können wir uns natürlich nicht verlassen“, betont Martin Ködding. Es gelte, das bestehende Konzept für große Lagen nun speziell mit Blick auf das Landesfest zu überprüfen und „nachzuschärfen“.

Seit Herbst trifft sich eine Arbeitsgruppe Hessentag, in der unter anderem Ärzte und Pflegekräfte vertreten sind, und der außerdem der Leiter Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz beim Kreis sowie der ärztliche Leiter des Rettungsdiensts angehören. Zurzeit noch gemeinsam geklärt werde beispielsweise der „Patientenfluss“. Wohin sollen etwa nur leicht Verletzte gebracht werden? „Da brauchen wir ein gutes Konstrukt“, erklärt Torsten Wennemuth vom Klinikum. Bis zum Hessentag soll zudem eine erweiterte Version der Software „Ivena“ vorliegen, um Patienten bestmöglich zu verteilen.

Ivena: Software zeigt freie Kapazitäten
Ivena eHealth ist eine Software, mit der sich alle an der Patientenversorgung Beteiligten jederzeit über die aktuellen Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten der Krankenhäuser informieren können. So können erkrankte oder verletzte Patienten rasch in ein geeignetes und aufnahmebereites Krankenhaus gebracht werden.  Den Kliniken werden zudem Informationen wie Eintreffzeit, Diagnose und Behandlungsdringlichkeit übermittelt.  Ivena ermöglicht überregionale Zusammenarbeit und erlaubt einen schnellen Austausch.

Um während des Hessentags nicht nur auf viele Notfälle und mögliche Großlagen vorbereitet zu sein, sondern auch um gleichzeitig den normalen Betrieb aufrecht erhalten zu können, gilt am Klinikum für die Zeit des Landesfestes eine Urlaubssperre. Kritik oder Protest habe es deshalb bisher nicht gegeben, auch wenn gleichzeitig der Kita-Betrieb in der Kreisstadt eingeschränkt ist. „Ich denke, das Verständnis ist da, schließlich könnte jeder auch selbst betroffen sein“, sagt Geschäftsführer Martin Ködding mit Blick auf die notwendige Urlaubssperre. Davon betroffen sind dann natürlich auch die Dienstpläne vorher und nachher, schließlich müssten die Arbeitszeiten beziehungsweise die rechtlichen Rahmenbedingungen auch wenn  Hessentag ist eingehalten werden, ergänzt Sprecher Werner Hampe.

Mit im Boot bei der Vorbereitung für das Großereignis ist auch Torsten Wennemuth, der am Klinikum für die IT und den Brandschutz zuständig ist, und in seiner Freizeit zudem aktiver Feuerwehrmann. „Wir haben ohnehin eine interne Einsatzleitung für besondere Schadensereignisse“, erklärt er. Zudem würden aktuell verschiedene Ereignisse geübt. „Das Interesse an diesen freiwilligen Veranstaltungen ist groß“, so Wennemuth. Positiv betrachtet er auch die geplante Erweiterung der Software Ivena, mit der Patienten auch im Falle einer großen Lage möglichst effektiv verteilt werden könnten. Ohnehin am Klinikum gelagert werden sogenannte Notfalldepots, in denen sich „Heil- und Hilfsmittel für den Massenanfall von Verletzten (100 Personen)“ oder für die Behandlung infolge von Vergiftungen durch Rauchgas oder anderer giftiger Substanzen befinden (siehe Hintergrund).

Die Erreichbarkeit des Klinikums ohne Durchfahrtgenehmigung ist während des Hessentags für alle gewährleistet, was nicht nur der Klinikumsspitze, sondern auch den städtischen Planern des Landesfests wichtig war: „Das Krankenhaus ist für die Stadt natürlich von besonderer Bedeutung und kann jederzeit angefahren werden“, betont die Hessentagsbeauftragte Anke Hofmann. Das Klinikum spiele eine große Rolle in Sachen Sicherheit, aber eben auch bei der täglichen Gesundheitsversorgung, die während des Hessentags nicht entfallen solle. „Wir danken schon jetzt allen Mitarbeitern für ihren großartigen Einsatz“, so Hofmann. Der Shuttle zum Besucherparkplatz am Wehneberg wird in Absprache mit Polizei und Rettungsdienst ausschließlich über die Wehneberger Straße führen, erklärt Hofmann. Ob die Parkflächen am Rande des mitunter engen Seilerwegs eventuell während des Hessentags als solche gesperrt werden, sei indes noch offen.

Etwas verwundert zeigt sich Klinikums-Geschäftsführer Martin Ködding darüber, dass sein Haus in die Planungen rund um die Erreichbarkeit nicht eingebunden worden sei. „Wir hätten unser Wissen und unsere Erfahrung gerne eingebracht.“ Aber auch so sei man zuversichtlich, dass alles reibungslos laufen werde. Durchfahrtgenehmigungen für die in der Stadt gesperrten Zonen außerhalb des Krankenhauses müssen für etwa 50 bis 70 Fahrzeuge des Klinikums beantragt werden, etwa für das Palliativteam oder die häusliche Krankenpflege. Alle „geplanten Patienten“ – auch der Orthopädie und der Klinik am Hainberg – sollen rechtzeitig über die möglichen Anfahrtswege zu den Kliniken informiert werden, betonen Ködding und Werner Hampe.

Hintergrund

Katastrophenschutz: Notfalldepots Der „Bevorratungssatz SAN-KatS Hessen“ stellt eine Ergänzung zur Bevorratung für den Rettungsdienst und die Sanitätszüge dar, sagt Thorsten Bloß, Leiter des Fachdienstes Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz beim Kreis Hersfeld-Rotenburg. Mit der normalen Ausstattung der Sanitätsfahrzeuge seien je nach Verletzung pro Fahrzeug nur zwei bis höchstens fünf traumatologische Notfälle zu versorgen. Bei einem Massenanfall von Verletzten ist deshalb ein kurzfristiger Nachschub notwendig – insbesondere von Verbandmaterialien. Diese Versorgungslücke sollen die örtlichen „Sanitätsmateriallager des Katastrophenschutzes“ schließen, wie es sie 26 mal in Hessen gibt. Je Landkreis/kreisfreier Stadt wird ein „Bevorratungssatz San KatS“ vorgehalten, er kann jederzeit durch den Rettungsdienst oder Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes abgeholt und an die Einsatzstelle gebracht werden. red/nm

Hier finden Sie den Bericht aus der Hersfelder-Zeitung vom 27.02.2019