Patienten zurück ins Leben holen

Ist seit April Chefärztin der Neurologie am HKZ: Dr. Carolin Renner kümmert sich um den Bereich der Neurologischen Reha, die das Ziel hat, Patienten wieder in die Erwerbsfähigkeit zu führen.

Das Klinikum Hersfeld-Rotenburg befindet sich im Zuge des Neubauvorhabens in einem Transformationsprozess. Der betrifft nicht nur Umstrukturierungen, sondern auch Personen, wie der Medizinische Direktor Dr. Dalibor Bockelmann erklärt. So gibt es im Zuge der Transformation auch Neubesetzungen von Chefarztstellen. Darunter ist auch Dr. Carolin Renner, die seit April Chefärztin der Neurologie am Herz-Kreislauf- Zentrum (HKZ) ist. Dort treibt sie besonders den Bereich der Neurologischen Reha voran.

Eine stationäre neurologische Reha sei eine große Chance für die Betroffenen und ihre Angehörigen – und auch eine Bereicherung für die Region. „Die Neurologische Rehabilitation wird, nicht zuletzt durch die demografische Entwicklung in unserem Land, eine immer wichtigere Rolle in der Gesundheitsversorgung einnehmen. Dieser Aspekt spiegelt sich in unseren medizinstrategischen Überlegungen für unsere Standorte selbstverständlich wider“, so Bockelmann.

Medizinstudium in den USA

Mit Dr. Renner habe man dafür eine „fachlich und menschlich absolut überzeugende Persönlichkeit“ gefunden. Renner stammt aus Hamburg und hat ihr Medizinstudium in den USA absolviert. 1995 sei sie nach elf Jahren zurückgekehrt, weil sie das Heimweh nach Europa eingeholt habe. Ihre klinische Tätigkeit führte sie nach Stationen in den USA über Erlangen, Augsburg, Leipzig zuletzt als Chefärztin des Mediclin Waldkrankenhauses Bad Düben nach Rotenburg. Ihre Spezialgebiete sind die sensomotorische Rehabilitation und das Post-Intensive-Care- Syndrom.

„Ich habe hier ein großartiges Team vorgefunden, welches eine ganzheitliche Rehabilitation betreibt und sich durch ein qualitativ hohes Leistungsspektrum auszeichnet“, erklärt Renner, warum sie sich für das HKZ entschieden habe.

Egal, ob Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Multiple Sklerose, Guillain-Barré-Syndrom oder Morbus Parkinson – die Gründe für die Aufnahme in die neurologische Klinik sind vielfältig. Die Therapie wird dabei in verschiedene Phasen eingeteilt, die der Patient durchläuft, und die am Ende im besten Fall neurologische Störungen beseitigt oder zumindest lindert. Die Aufnahme in die neurologische Fachklinik sei unmittelbar nach der medizinischen Versorgung im Krankenhaus (Phase A) möglich und umfasst die Rehabilitationsphasen B, C und D. Die Therapie wird je nach Erkrankung und Schweregrad des Patienten mit diesem individuell besprochen und gemeinsam werden Therapieziele formuliert.

Nach der Akutversorgung in Phase A kommt die Neurologische Reha ins Spiel. Die Frührehabilitation betrifft in der Regel Menschen mit schweren neurologischen Ausfällen – beispielsweise im Wachkoma oder bei Schädel- Hirn-Verletzungen – und dient der zeitnahen Fortführung der Erstversorgung im Akut-Klinikum. Die Patienten sind häufig inkontinent, immobil und auf künstliche Ernährung und eine Betreuung auf einer neurologischen Intensivstation angewiesen. Das Hauptziel aller therapeutischen Maßnahmen liegt in einer Verbesserung des Bewusstseins und einer Stärkung des allgemeinen Gesundheitszustandes.

In der weiterführenden Rehabilitation (Phase C) können sich die Betroffenen bereits an der Behandlung beteiligen, benötigen allerdings nach wie vor in vielen Bereichen pflegerische Unterstützung. Das Ziel der Therapien liegt daher in der Förderung der Selbstständigkeit.

Zurück in die Erwerbsfähigkeit

„Die Phase D-Patienten sind dahingehend stabilisiert, dass sie die Aktivitäten des stationären Aufenthalts überwiegend eigenständig erledigen können. Sie sind bereit, aktiv an der Erfüllung der Therapieziele mitzuwirken“, erläutert Renner. Das therapeutische Ziel liegt in der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit und der Minderung neurologischer Funktionseinschränkungen.

„Das Schöne an der Neurologischen Reha ist, dass man Schritt für Schritt sieht, wie der Patient auflebt. Man merkt, die Arbeit lohnt sich, auch wenn es zum Teil lange dauern kann, bis sich Fortschritte zeigen“, sagt Renner. Dies erfordere sowohl von ärztlicher Seite als auch vom Patienten selbst einen langen Atem. Die Patienten blieben ab vier Wochen bis zu drei Monaten in der Neurologischen Reha. „Daher ist besonders die psychische Verfassung des Patienten wichtig. Er muss motiviert sein.“

Auch Renner geht davon aus, dass der Bedarf an Neurologischer Reha künftig weiter wachsen wird, allein schon deshalb, weil die Menschen zunehmend älter werden. „Es wollen ja nicht alle Menschen in ein Pflegeheim“, sagt Renner. Daher sei die Neurologische Reha auch ein Stück weit Daseinsvorsorge, gerade im ländlichen Raum, wo es an Alternativen häufig mangele. (Foto,Text:DANIEL GÖBEL_HZ v. 03.11.2023)

Hier finden Sie den Artikel aus der Hersfelder-Zeitung vom 03.11.2023