Neuer Medizinischer Direktor des Klinik-Konzerns

Das Leitungsgremium des Klinikums Hersfeld-Rotenburg ist komplett:
Zum 1. Januar 2017 wird der 48-jährige Dr. Tobias Hermann den Posten des Medizinischen Direktors übernehmen. Der gebürtige Schwabe ist Herzchirurg und verfügt zudem über einen Hochschulabschluss im Gesundheits-Management.

Herr Hermann, Herzchirurg oder Betriebswirt? Was liegt Ihnen mehr?
DR. TOBIAS HERMANN: Sowohl als auch. Das sind zwei gleiche Seiten auf einer Medaille. Ich glaube, man muss sich heute gar nicht teilen und sagen ‘Ich bin nur der Arzt oder nur der Gesundheitsökonom’. Die heutige Zeit gebietet, dass man sich in beiden Feldern auskennt. Natürlich bin ich Arzt, aber geht das überhaupt ohne ökonomische Kenntnisse?

Operieren Sie denn selbst?
HERMANN: Damit habe ich 2009 aufgehört. Die handwerkliche Fähigkeit verliert man irgendwann. Im Moment mache ich aber noch ein paar hausärztliche Versorgungsdienste, um an der Basis zu bleiben.

Sie haben zuletzt mit Augsburg in einer attraktiven Großstadt mit vielen Feiertagen gearbeitet. Was zieht Sie in unsere ländliche Region?
HERMANN: Da gibt es drei Gründe. Erstens interessiert mich, dass die Kommune hier einen anderen Weg geht. Seit Jahren werden Krankenhäuser privatisiert. Hier hat man sich gegen den Trend entschieden, eine Einrichtung gekauft und eine medizinische Verantwortung übernommen. Das finde ich mutig. Zweitens überzeugt mich das Konzept, sich zu vernetzen und meines Erachtens die Versorgung neu zu definieren. Wir können nicht mehr auf Wettbewerb setzen, sondern vielmehr auf ein Miteinander. Drittens ist das einfach etwas ganz Neues. Da kann man etwas schaffen und etwas bewirken. Da möchte ich mich einbringen.

War die Nähe zu den Uni-Kliniken nicht auch ausschlaggebend?
HERMANN: Nicht nur die. Man hat hier die Zeichen der Zeit erkannt, dass man nicht mehr so isoliert denken darf. Man muss versuchen, sich den Herausforderungen zu stellen und das geht nicht mit Abgrenzung.

Das hat der Sprecher des neuen Führungsteams am HKZ dem Rotenburger Kreiskrankenhaus vorgeworfen. Er sprach von einer „Tante-Emma-Medizin“.
HERMANN: Da schwingt für mich viel Sorge mit. Weil solche isolierten Strukturen in der sich verändernden Gesundheitswirtschaft nicht standhalten können.

Können Sie sich denn eine Kooperation mit dem Kreiskrankenhaus vorstellen?
HERMANN: Klar, selbstverständlich. Unsere Aufgabe ist es doch, Vorsorge und Versorgung für die Region anzubieten. Da ist doch jeder Player willkommen. Man muss sich nur so abstimmen, dass jeder in eine Win-Win-Situation kommt.

Der scheidene Chefarzt Prof. Vallbracht hat davor gewarnt, dass das HKZ gesichtslos werde, weil die Ärzte innerhalb des Verbundes an verschiedenen Häusern wirken. Was sagen Sie dazu?
HERMANN: Die Gefahr bestünde, wenn es eine wilde Rotation gibt und die persönliche Identifikation fehlt. Auf der anderen Seite ist es so, dass sich alles zunehmend spezialisiert. Sie werden bald Spezialisten der Spezialisten haben. Ich bin mir nicht sicher, ob wir in zehn Jahren noch sich voneinander abgrenzende Fachabteilungen haben. Kardiologie, Herzchirurgie, Gefäßchirurgie – das löst sich auf.

Heißt das im Umkehrschluss, dass Patienten im Krankenhaus dann von einer ganzen Reihe an Ärzten behandelt werden?
HERMANN: Ja. Das will ich so. Es kann ja weiter einen Arzt geben, der mich durch einen Behandlungsprozess leitet. Im Hintergrund kann aber eine Fachdiskussion zwischen Ärzten über den besten Behandlungsweg stattfinden. Ich gehe nicht mehr nur zu einem Facharzt, sondern lasse ein Team entscheiden, was der beste Weg ist. Und da spielen eben verschiedene Experten zusammen.

Zur Person
DR. TOBIAS HERMANN (48) ist gebürtiger Schwabe. Neben einem Medizinstudium und anschließender Facharztausbildung zum Herzchirugen schloss er den Studiengang Health Care Management mit einem Masterabschluss ab. Er verfügt daher auch über Erfahrung in der Betriebswirtschaft. Nach langer klinischer Tätigkeit hat Dr. Hermann für ein bundesweit agierendes Beratungsunternehmen im Gesundheitsbereich gearbeitet. Vor seinem Wechsel nach Bad Hersfeld war er zuletzt am Klinikum Augsburg, wo er für die Leitung der Medizinentwicklung, des zentralen Projektmanagements und der Geschäftsstelle des Ärztlichen Vorstands zuständig war. Dr. Hermann ist verheiratet und wird in Bad Hersfeld wohnen. (kai)

Bericht Hersfelder Zeitung v. 06.12.2016