Klinikum Hersfeld kauft Herz-Kreislauf-Zentrum
"Auf Augenhöhe mit Fulda"
Nachdem der Kreistag vergangene Woche den politischen Weg für einen Kauf der Herz-Kreislauf-Klinik Rotenburg (HKZ) frei gemacht hat, stimmten jetzt auch die bisherigen Eigentümer der Pergola KG dem Verkauf der HKZ-Anteile und die Grundstücke und Gebäude des HKZ an das kreiseigene Klinikum Bad Hersfeld zu. Damit steht dem Kauf außer einigen Formalitäten nichts mehr im Wege. Dr. Michael Koch, als Landrat des Kreises Hersfeld-Rotenburg auch Aufsichtsratsvorsitzender des kreiseigenen Klinikums, sprach nach der Entscheidung von einem „Gewinn für die Gesundheitsregion“.
Als „guten Tag für die Gesundheitsversorgung im Landkreis“ haben die CDU-Spitzenkandidaten zur Kreistagswahl und zur Rotenburger Stadtverordnetenversammlung Timo Lübeck und Jonas Rudolph die Entscheidung der Gesellschafterversammlung zur Annahme des Kaufangebotes durch das Klinikum Bad Hersfeld bezeichnet. „Das ist ein riesiger Schritt hin zu einem nachhaltigen Angebot mit hoher Versorgungssicherheit aus einer Hand. Unser Ziel ist es, künftig auch das Rotenburger Kreiskrankenhaus in diese Zusammenarbeit zu integrieren“, erklärt Timo Lübeck. Ohne diese politische Entscheidung wäre aus seiner Sicht mittelfristig mindestens eines der drei Krankenhäuser auf der Stecke geblieben.
„Wir sind sehr dankbar, dass die Verantwortlichen mit Landrat Dr. Michael Koch an der Spitze die Rotenburger Forderung zu Schaffung eines gemeinsamen Gesundheitsstandortes Hersfeld-Rotenburg aus dem Jahr 2014 mutig angepackt haben“, so Jonas Rudolph. Eine Übernahme durch einen privaten Investor hätte auch für das kreiseigene Klinikum in Bad Hersfeld negative Auswirkungen gehabt. Die CDU habe deshalb insbesondere die Arbeitsplätze in Rotenburg und Bad Hersfeld im Blick gehabt und daher eine drohende Insolvenz des HKZ abgewendet. „Das neue Unternehmen ist künftig auf Augenhöhe mit den Klinikkonzernen in Kassel, Erfurt und Fulda. Es ist uns nun möglich die Synergien zwischen den beiden Häusern zum Wohle der Patienten zu nutzen“, erläutert Lübeck die Strategie.
Das medizinische Konzept sei nach Auffassung der CDU überzeugend und müsse jetzt der Öffentlichkeit und den Beschäftigten transparent vorgestellt werden. „Nach dem Abbau von Doppelstrukturen wird man so das HKZ auch wirtschaftlich wieder auf Kurs bringen. Der Kreis kann dies sozialverträglicher machen, wie ein Aktienkonzern. Außerdem bleibt die Rendite und Wertschöpfung anschließend in der Region“, so die beiden CDU-Politiker. +++ON 25.01.2016
Angebote optimieren
SPD zum HKZ-Kauf: "Große Chance für Gesundheitsregion"
Den Beschluss der Kommanditisten der Pergola KG deren Anteile an das kreiseigene Klinikum zu veräußern, begrüßen die Sozialdemokraten Hersfeld-Rotenburgs ausdrücklich. Ist doch damit ein medizinisches Angebot im ländlichen Raum verbunden, das nur noch selten in vergleichbaren Landkreisen zu finden ist. „Der Kauf bietet die große Chance, eine Gesundheitslandschaft in Hersfeld-Rotenburg weiterzuentwickeln, die nicht allein für die heimischen Bürgerinnen und Bürgern ein überdurchschnittliches Gesundheitsangebot vorhält. Vielmehr wird dieses Angebot sich auch an Patientinnen und Patienten der Region, mit dem HKZ weit darüber hinaus, richten,“ unterstreicht der SPD-Gesundheitsexperte Helmut Miska.
Die Sozialdemokraten sind sich sicher, dass Versorgungsangebote optimiert werden können. Drei medizinische Versorgungszentren in den Städten Bebra, Rotenburg und Bad Hersfeld werden zukünftig der Kreis-Klinikstruktur mit Anteilen oder ganz gehören. Dies bietet gerade für unseren ländlichen Raum die Chance, auch für die Zukunft die Versorgungssicherheit für die Patientinnen und Patienten weiterzuentwickeln.
Die gezielten Störmanöver von privaten Klinikbetreibern sehen die Sozialdemokraten allerdings mit Sorge. „Keines der angeblichen Kaufangebote ist auf deren Internetseite zu finden. Wären diese ernst gemeint gewesen, hätten diese veröffentlicht werden müssen. Schließlich sind solche Angebote für Aktiengesellschaften kursrelevant. Und Verstöße hätte die Börsenaufsicht ahnden müssen. Insofern nichts als heiße Luft,“ äußert sich der SPD-Landtagsabgeordnete Torsten Warnecke verärgert über die unseriösen Spielchen mit der Gesundheit der Menschen durch beispielsweise die Rhön-Klinikum AG.
Mit großer Zufriedenheit blicken die Hersfeld-Rotenburger Sozialdemokraten auf die Durchsetzung einer jahrelangen Forderung, wonach die öffentliche Daseinsvorsorge in kommunaler Hand bleiben müsse. Kreistags-, Stadt- und Gemeindeparlamentsbeschlüsse hätten diese Forderung untermauert. So auch zahlreiche Beschlüsse von Kommunalparlamenten, wonach es eine kreisinterne Lösung geben müsse. „Dies ist nunmehr eins zu eins umgesetzt worden. Darüber sind gewiss die Bürgerinnen und Bürger insbesondere in Bad Hersfeld und Rotenburg glücklich,“ meint der SPD-Stadtverbandsvorsitzende Bad Hersfelds Karsten Vollmar.
Die Beschlussfassung zugunsten einer Klinikfusion ist aus sozialdemokratischer Sicht auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Gewinn. Wird doch in den kommenden Jahren ein größerer zweistelliger Millionenbetrag in die Krankenhäuser investiert werden. „Die 100 Millionen Euro, die da als Kaufpreis herumgeisterten, sind selbstverständlich Blödsinn. Die Kommanditisten haben einen Millionen-Betrag erhalten. Und die Verbindlichkeiten sind übernommen worden.
„Nun sind am Klinikum Bad Hersfeld und am HKZ in größerem Umfang Investitionen notwendig,“ erläutert der SPD-Landtagsabgeordnete Torsten Warnecke und ergänzt: „Zur Finanzierung der Krankenhausinvestitionen sind die Bundesländer verpflichtet. Wir rechnen mit einem größeren zweistelligen Millionenbetrag. Denn was der Krankenhausfinanzierung im Landkreis Fulda (54 Millionen Euro Landeszuschuss) recht ist, muss Hersfeld-Rotenburg allemal wert sein.“ Warnecke verweist in diesem Zusammenhang auf eine laufende parlamentarische Anfrage der SPD-Landtagsfraktion an die CDU-Landesregierung, die die Vergabe der Krankenhausmittel im letzten Jahrzehnt in Hessen darlegen soll. +++ ON 05.02.2016
Landrat: "Gewinn für die Region"
Der 100 Millionen Euro-Deal ist geglückt. Das Klinikum Hersfeld hat das Herz-Kreislauf-Zentrum (HKZ) in Rotenburg an der Fulda am Donnerstag gekauft. Das bestätigte Landrat Dr. Michael Koch (CDU) der OSTHESSEN|NEWS-Redaktion. Die Eigentümer - 834 Kommanditisten der Pergola KG - haben dem Verkauf von Grundstück und Gelände mehrheitlich zugestimmt - dem Vernehmen nach stimmten nach rund siebenstündiger nichtöffentlicher Versammlung und hitzigen Debatten 98 Prozent der anwesenden Kommanditisten schließlich dem Kaufangebot zu. Stundenlang tagten sie hinter verschlossenen Türen. Vorausgegangen war ein monatelanger Verhandlungsmarathon.
Als "Gewinn für die Gesundheitsregion" bezeichnete der Landrat des Kreises Hersfeld-Rotenburg, der zugleich auch Aufsichtsrats-Chef des kommunalen Klinikums in Hersfeld ist, die Entscheidung. Jetzt stünden nur noch einige Formalitäten an: Verträge müssen vorbereitet und unterschrieben werden, das Kartellamt und das Regierungspräsidium müssen noch ihre Zustimmung geben. Die Kommunalpolitker des Kreistags hatten schon in der letzten Woche fraktionsübergreifend und mit überwältigender Mehrheit den Weg für dieses Vorhaben frei gemacht.
Landrat Dr. Koch weiter: "Von einem Kauf des HKZ profitieren zum einen die Mitarbeiter dort unmittelbar, denn es wird mit einer Übernahme durch das Klinikum Bad Hersfeld keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Das HKZ bleibt für die Mitarbeiter in seiner alten Form als Arbeitgeber zu denselben Bedingungen erhalten. Koch betonte, dass das Kaufangebot des Klinikums ein "sehr faires und gutes Angebot" sei.
"Wir stärken mit dem Kauf des HKZ den Gesundheitsstandort Hersfeld-Rotenburg insgesamt", betonte der Kreis-Chef weiter. Er sieht in der Verzahnung von Klinikum und HKZ den Standort gut aufgestellt für die zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitssektor und auf Augenhöhe mit größeren Kliniken außerhalb des Kreises. Auch der Landkreis insgesamt profitiere von der neuen Kliniklandschaft, blieben doch Rendite und Wertschöpfung in der Region. Koch ergänzte: "Das HKZ hat einen hervorragenden Ruf, ist aber durch mehrere Ursachen in finanzielle Schieflage geraten. Es wird nun eine Tochterfirma des Klinikums und bleibt als Marke mit überregionalem und internationalem Ruf erhalten." (Hans-Hubertus Braune / Christian P. Stadtfeld). +++ON 29.01.2016
Regierungspräsidium stimmt Kauf durch das Klinikum zu
Die nächste Hürde für den Kauf des Herz- und Kreislaufzentrums Rotenburg (HKZ) ist genommen. Nach den Gesellschaftern hat das Regierungspräsidium der Übernahme durch das Klinikum Bad Hersfeld zugestimmt. Von der angehenden Muttergesellschaft benötigt das HKZ demnächst mehrere Millionen Euro. Der kurzfristige Finanzbedarf der renommierten Spezialklinik liegt nach Informationen unserer Zeitung bei bis zu zehn Millionen Euro. Diese Zahl wurde während der Gesellschafterversammlung genannt, auf der die Kommanditisten den Verkauf ihrer Anteile beschlossen haben. Als das Klinikum Anfang November sein 100-Millionen-Euro-Angebot publik gemacht hat, war von einer Soforthilfe von neun Millionen Euro die Rede. Das Geld wird zum einen für dringende Reparaturen benötigt. Das HKZ braucht es aber auch, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Bevor der Verkauf beschlossen wurde, drohte dem Haus Ende Februar die Zahlungsunfähigkeit. Eine Insolvenz sollte durch die vereinbarte Übernahme zwar nicht mehr drohen, der Finanzbedarf besteht aber weiter. Der Kreistag hat bereits zur Kenntnis genommen, dass das Klinikum dem HKZ ein Gesellschafterdarlehen in nicht näher genannter Höhe gibt.Soweit ist es aber noch nicht, denn der Kaufvertrag ist noch nicht in Kraft. Dafür müssen mehrere Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt werden, erklärt Kreissprecher Dirk Herrmann. Nach dem Kreistag, den HKZ-Kommanditisten und dem Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde stehe nun noch die Erlaubnis der Kartellbehörden aus. Der Kreistag beschäftigt sich laut Herrmann in seiner nächsten Sitzung wieder mit dem Thema. Der Kreis soll dem Klinikum ein Gesellschafterdarlehen in nicht genannter Höhe gewähren, das für die Übernahme der Restschulden aus der HKZ-Insolvenz 2001 gedacht ist.
Hintergrund
Schulden und Investitionen
Landrat Dr. Michael Koch sprach bei der Vorstellung des Übernahmeangebots an das HKZ von einem 100-Millionen-Euro-Paket. Der reine Kaufpreis für die Anteile der 834 Kommanditisten der HKZ-Muttergesellschaft Pergola und des Kardiologie-Chefarztes Prof. Dr. Christian Vallbracht dürfte davon aber den kleinsten Teil ausmachen und dem Vernehmen nach wenige Millionen Euro betragen. Das Klinikum muss aber auch die Restschulden aus der HKZ-Insolvenz 2001 übernehmen, die nach Informationen unserer Zeitung noch rund 20 Millionen Euro betragen. Etwa drei Viertel der 100 Millionen Euro sind dann Investitionen, um den erheblichen Sanierungsstau am HKZ zu beseitigen. (mcj)