Klinik-Fusion hat sich schon bewährt

Ein Jahr nach der Übernahme: HKZ mit Kurs auf Gewinnzone
Das Herz- und Kreislaufzentrum (HKZ) in Rotenburg ist gut ein Jahr nach der Fusion mit dem Klinikum Bad Hersfeld auf dem Weg in die Gewinnzone. Nach einer „Durststrecke“ nach der Übernahme im April 2016 rechnet der Geschäftsführer des Klinikums Bad Hersfeld-Rotenburg, Martin Ködding, damit, dass das HKZ zum Ende des Jahres 2017 schwarze Zahlen schreiben wird. Das Klinikum in Bad Hersfeld habe bereits im Jahr 2016 ein positives Ergebnis erzielt, sagte Ködding im Interview mit der HZ. Am HKZ wurde in dieser Woche eine Betriebsleitung nach dem Vorbild des Klinikums installiert. Zum Ärztlichen Direktor wurde dabei einstimmig Professor Ardawan Rastan, der Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie gewählt. Sein Stellvertreter ist Dr. med. Reinhard Funck, Chefarzt am Klinikum. Für Ködding ist diese Wahl ein weiteres Indiz, „dass die früheren Rivalitäten beider Häuser nun endgültig beigelegt sind.“ Unterdessen sei der Umstrukturierungsprozess beider Kliniken weitestgehend abgeschlossen. Auch das medizinische Personal sei inzwischen komplett. Noch in diesem Jahr, spätestens aber in 2018 sollen die Bauarbeiten im und am HKZ beginnen. Am Klinikum in Bad Hersfeld sollen laut Ködding ebenfalls im Jahr 2018 „die Bagger rollen“, um den Neubau des Bettenhauses Ost zu beginnen. Dafür wurden 25 Millionen Euro bewilligt und weitere neun Millionen Euro in Aussicht gestellt. Diskutiert werde auch über den künftigen Standort für die Orthopädische Klinik, die derzeit in gemieteten Räumen am Kurpark in Bad Hersfeld ansässig ist. Obwohl sich der Mietvertrag dort automatisch verlängern würde, werden auch die Möglichkeiten eines Umzugs ans Klinikum oder ans HKZ geprüft. „Es darf keine Denkverbote geben“, sagte Ködding. Wichtig sei allein, dass das Konzept langfristig trägt und den Menschen im Landkreis diene.

Geschäftsführer Martin Ködding über die Zusammenarbeit der Kliniken, Zukunftspläne und das Gesundheitswesen
Martin Ködding steht nicht gern im Rampenlicht. Der Geschäftsführer des Klinikums Bad Hersfeld-Rotenburg wirkt eher im Hintergrund und ist dabei einer der erfolgreichsten Gesundheitsmanager in Hessen. In einem seiner seltenen Interviews stellt sich Ködding den Fragen von Kai A. Struthoff.

Herr Ködding, waren Sie selbst schon mal Patient im Klinikum?
KÖDDING: Ja, für eine Nacht. Das war schon interessant, das Krankenhaus aus der Patientensicht zu erleben. Aber ich würde jederzeit wiederkommen – in jede Abteilung.

Am 7. April war –  ziemlich still und leise – der erste Jahrestag der Fusion zwischen Klinikum und HKZ. Gab es da nichts zu feiern?
KÖDDING: Grund zum Feiern haben wir dann, wenn das, was wir tun, nicht nur medizinisch, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Wir haben gerade erst den Umstrukturierungsprozess abgeschlossen. Das medizinische Personal ist komplett. Jetzt geht es in die Routine, und wir müssen zeigen, dass alles funktioniert. Das erste Vierteljahr 2017 war schon sehr erfreulich, aber zum Feiern ist es noch etwas früh.

Heißt das, die Umsatzzahlen waren auch erfreulich?
KÖDDING: Die Diskussion um die Fusion hat zunächst viele verunsichert. 2016 hatten wir deshalb im HKZ eine ordentliche Durststrecke. Aber das kehrt sich jetzt um. In diesem Jahr verzeichnen wir einen erfreulichen Patientenzuwachs. Wir haben den Versorgungsauftrag in der Pneumologie bekommen und nehmen jetzt in allen Bereichen spürbar an Fahrt auf.

Sie hatten sich zum Ziel gesetzt, noch in diesem Geschäftsjahr schwarze Zahlen zu schreiben. Klappt das?
KÖDDING: Im Klinikum klappt das auf jeden Fall. Dort wurde auch schon im vergangenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis erzielt. Im HKZ haben wir im vergangenen Jahr den erwarteten Verlust gemacht. Aber in diesem Jahr gehe ich davon aus, dass wir auch im HKZ zum Ende des Jahres hin schwarze Zahlen schreiben werden.

Gibt es weitere Neuigkeiten vom HKZ?
KÖDDING: In dieser Woche haben wir dort eine Betriebsleitung etabliert. Damit bilden wir die Strukturen ab, die es am Klinikum bereits gibt. Herr Professor Rastan wird Ärztlicher Direktor, und Herr Dr. Funk, der ja auch Chefarzt am Klinikum ist, wird Stellvertreter in Rotenburg. Beide wurden einstimmig gewählt. Das ist für mich ein Indiz dafür, dass die früheren Rivalitäten beider Häuser nun endgültig beigelegt sind.

Am Klinikum wurden einige Investitionen wegen der Fusion zurückgestellt. Wie geht es jetzt in Bad Hersfeld weiter?
KÖDDING: Zurückgestellt wurde nichts. Aber die bereits bewilligten 26,5 Millionen Euro für die Sanierung des Bettenhauses West haben wir zunächst ans HKZ übergeleitet, um dort entsprechende Baumaßnahmen zu finanzieren. Dafür laufen die Planungen. Für das Klinikum haben wir neue Mittel beantragt. Wir haben eine Zusage für 25 Millionen Euro, und zudem noch weitere neun Millionen Euro in Aussicht gestellt bekommen. Für 2017 verfügen wir also über ein Volumen von 30 bis 35 Millionen Euro.  Eigentlich haben wir aus den ursprünglichen 26,5 Millionen Euro rund 60 Millionen Euro gemacht, die an beiden Standorten investiert werden können.

Wann beginnen die Bauarbeiten in Bad Hersfeld?
KÖDDING: Wir steigen jetzt in die konkreten Planungen ein. Spätestens 2018 werden die ersten Bagger rollen. In diesem Sommer wird das neue Parkhaus eingeweiht. Und auch in Rotenburg werden wir – nach einer gründlichen Vorplanung – mit den Bauarbeiten beginnen.

Hinter den Kulissen wird auch über den Standort der Orthopädie diskutiert. Bleibt die Klinik am Kurpark?
KÖDDING: Die Orthopädie ist in einer gemieteten Immobilie untergebracht. Der Mietvertrag endet 2018, würde sich aber automatisch verlängern. Wir überlegen jetzt, wie wir die Orthopädie langfristig sicher aufstellen. Es darf auch dabei keine Denkverbote geben. Wichtig ist, dass das Konzept langfristig trägt und den Menschen im Landkreis dient.

Die von Ihnen favorisierte Dreier-Fusion mit dem Kreiskrankenhaus Rotenburg hat nicht funktioniert. Wie ist jetzt das Verhältnis zum Kreiskrankenhaus?
KÖDDING: Die Tür für das Kreiskrankenhaus steht weiter offen. Wir akzeptieren aber auch die Entscheidung, allein weiterzumachen. Diese Koexistenz ist völlig in Ordnung und gibt es in anderen Landkreisen auch. Auf der Arbeitsebene funktioniert das Miteinander ohne Probleme.

Sie selbst feiern in diesem Jahr auch ein Jubiläum. Sie arbeiten seit 40 Jahren im Gesundheitswesen. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
KÖDDING: Das Gesundheitswesen ist sehr viel ökonomischer geprägt als früher. Die Rahmenbedingungen sind schwieriger, Personal und Geld sind knapp. Parallel dazu haben sich die Medizin und auch die Medizintechnik enorm weiterentwickelt. Als ich damals nach Bad Hersfeld kam, hatten wir hier neun Medizinische Abteilungen, jetzt sind es 19. Die Patienten suchen nicht mehr den Generalisten, sondern den Spezialisten. Man muss sich also breit aufstellen, und das kostet auch Geld. Aber so lange ich jetzt im Gesundheitswesen bin, war immer das nächste Jahr das
Schwierigste.

Ihre Kritiker bezeichnen Sie hinter vorgehaltener Hand als Wolf im Schafspelz. Muss man Angst vor Ihnen haben?
KÖDDING: (lacht): Mir ist sehr viel an Abstimmung und gemeinsamer Ideen- und Lösungsfindung gelegen. Ich versuche, möglichst viele Menschen in diese Prozesse einzubinden. Aber am Ende braucht es auch eine Entscheidung. Und wer entscheidet, der kann sich nicht bei allen beliebt machen.

Ihre Kritiker behaupten auch, Sie hätten die Fusion mit dem HKZ nur vorangetrieben, um sich einen Konkurrenten vom Hals zu schaffen?
KÖDDING: Es ging nie darum, einen Wettbewerber zu beseitigen. Aber es kann nicht sein, dass sich in einem Landkreis wie unserem Krankenhäuser Konkurrenz machen. Das ist gegen die Vernunft und gegen die Interessen der Bevölkerung. Meine Philosophie ist es, dass wir uns im Landkreis so stark aufstellen, dass wir uns medizinisch mit den großen Mitbewerbern in Fulda, Kassel, Erfurt und Gießen messen können.

Medizin ist auch ein Geschäft. Einige Klinikkonzerne machen große Gewinne. Unser Kreis geht mit seinen kommunalen Kliniken einen anderen Weg. Entspricht das auch Ihrer persönlichen Überzeugung?
KÖDDING: Das Gesundheitswesen arbeitet zum großen Teil mit Geld aus den Sozialversicherungen, also mit Solidarbeiträgen der Bevölkerung. Dass man mit der kommunalen Daseinsvorsorge – und das ist das Gesundheitswesen – und mit Sozialversicherungsbeiträgen eine Kapital-Rendite erzielt, das ist nicht meine Welt. Man kann das anders sehen. Aber ich finde, dass wir verpflichtet sind, mit dem Geld der Allgemeinheit verantwortungsvoll umzugehen und es für das Wohl der Patienten einzusetzen. Klar darf es dabei auch Gewinne geben, aber die sollten für das Unternehmen verwendet werden und nicht für Renditen.

Sie mussten im Zuge der Klinikfusion auch Widerstände und persönliche Anfeindungen hinnehmen. Was treibt Sie trotzdem an?
KÖDDING: Manchmal sage ich flapsig: Es ist ja für einen guten Zweck. Im Ernst: Es ist ein toller Job, der Umgang miteinander im Konzern ist sehr anständig und offen. Außerdem ist es eine tolle Aufgabe, wenn man so eine Gesundheitsregion formen und strukturieren darf. Die Anbindungen an die Universitätskliniken ist jetzt noch ein weiterer Schritt auf diesem Weg.

Werden Sie die Fertigstellung des neuen Bettenhauses noch als Geschäftsführer begleiten?
KÖDDING: Wenn es die Gesundheit erlaubt und mein Arbeitgeber es so will, dann stehe ich dafür sehr gern zur Verfügung.

Hintergrund

Zahlen und Fakten zum Klinik-Konzern Hersfeld-Rotenburg
Das Klinikum Hersfeld-Rotenburg mit den Standorten in Bad Hersfeld und in Rotenburg gehört mit den Versorgungsangeboten im Akut- und Rehabereich zu den 10 größten Krankenhäusern in Hessen. Das Klinikum Bad Hersfeld ist Akademisches Lehrkrankenhaus der Justus-Liebig Universität Gießen und der Hochschule Fulda. Krankenhaus der Submaximalversorgung mit 600 Betten verteilt auf 18 Kliniken und Fachabteilungen. Pro Jahr mehr als 86 000 Patienten, davon etwa 26 000 stationär und ca. 60 000 ambulant.
Die Klinik am Hainberg ist eine traditionsreiche Fach- und Rehabilitationsklinik für Psychosomatik und Psychotherapie in Bad Hersfeld mit etwa 230 Betten und seit 2012 Standort der Akutpsychosomatik. Sie hat pro Jahr etwa 1500 Patienten.
Die Orthopädie Bad Hersfeld mit 40 Betten und etwa 1600 stationären und über 5000 ambulanten Patienten steht bei der Weiterempfehlungsrate der Patienten in Hessen auf Platz 1.
Im HKZ stehen rund 250 Betten für die Akutversorgung zur Verfügung (Kardiologie, Herzchirurgie, Pneumologie, Neurologie und Geriatrie). Im Rehabereich können etwa 220 Betten in der Kardiologie und in der Neurologie betrieben werden. Jedes Jahr werden hier etwa 14 000 Patienten stationär und 1500 ambulant versorgt.
Das MVZ Hersfeld-Rotenburg und das Diagnostisch-Medizinisches Zentrum (DMZ) halten etwa 20 Facharztsitze in fast allen Fachgebieten vor. Die Medizinischen Versorgungszentren erbringen an den Standorten in Bad Hersfeld, in Bebra und in Rotenburg ambulante fachärztliche Leistungen für sowohl gesetzlich als auch privat versicherte Patientinnen und Patienten.
Außerdem gehören zum Klinikverbund noch die Palliativmedizin, die häusliche Krankenpflege und die Versorgung von Kindern im Frühförderzentrum nicht zu vergessen.
Der Konzern Klinikum Hersfeld-Rotenburg hat über 3100 Mitarbeiter, davon rund 310 Ärzte und etwa 1000 Beschäftigte in den Pflegeberufen. Sie kümmern sich um die Gesundheit von etwa 40 000 stationären und 80 000 ambulante Patienten jährlich. Mit über 150 Ausbildungsplätzen ist der Klinikkonzern einer der größten Ausbildungsbetriebe in der Region. Der Jahresumsatz liegt bei etwa 200 Millionen Euro.

Artikel in der Hersfelder Zeitung vom 03.05.2017