Die richtige Hilfe, frei von Vorurteilen oder Stigmatisierung

Sandra Rehbein kommt aus Heenes, ist verheiratet und hat drei Kinder – und hat vor zwei Jahren noch 130 kg gewogen. Heute strahlt sie, wenn die Waage auf 75 kg springt. Geschafft hat sie das gemeinsam mit dem Adipositas-Schwerpunkt am Klinikum Bad Hersfeld. Das Team rund um Oberarzt Fawzi Elmagbool hat die 53-Jährige durch eine Ernährungsberatung und Operation begleitet.

Über eine Bekannte aus der Region hatte Sandra Rehbein von der Möglichkeit einer Adipositas-Beratung erfahren. Zu dem Zeitpunkt wog die Hersfelderin etwa 130 kg. „Die körperlichen Beschwerden, die man ja auch so mit dem Gewicht in Verbindung bringt, waren bei mir teilweise vorhanden“, erinnert sie sich heute. Auch in ihrer Arbeit, daheim im landwirtschaftlichen Betrieb und als Rangiererin bei einem Paketdienstleister in der Region, erfährt sie hier und da Einschränkungen. Der Abnehm-Erfolg einer Freundin hatte sie schließlich dazu bewogen, sich beim Adipositas-Schwerpunkt am Klinikum Bad Hersfeld zu melden.

„Das Team hat mich ganz wunderbar aufgenommen und mich mit einem ersten Überblick über die mögliche Therapie und auch eine Operation aufgeklärt“, erinnert sich die Hersfelderin. Angelia Reckling, die Koordinatorin des Adipositas-Schwerpunkts am Klinikum, zum Kennenlerngespräch: „Diese erste Sitzung ist sehr wichtig. Viele Patientinnen und Patienten kennen die Möglichkeiten noch nicht alle, die wir hier haben. Oftmals haben sie Diäten oder andere Abnehmprogramme hinter sich, die erfolglos waren. Mein Ziel ist es, im ersten Kennenlernen vor allem Mut zu machen.“ Deshalb, so die 33-Jährige, nehme sie sich Zeit, um die Vorteile einer Ernährungstherapie darzulegen, da nur mit einer bewussten Ernährung und ausreichender Bewegung ein langfristiger Erfolg gegeben sei. So werden die Patienten vor, während und nach einer Operation von den Ernährungsberaterinnen begleitet, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Im Fall von Sandra Rehbein spricht das Team auch direkt die Operation an. „Die Notwendigkeit einer Operation ist von Patient zu Patient individuell zu sehen. Tatsächlich ist es aber so, dass ab einem gewissen Body-Mass-Index, also auch ab einem gewissen Gewicht, wir schon die klare Empfehlung zu einer Operation aussprechen. Dafür entscheiden muss sich der Patient aber selbst“, so Reckling. Dabei sei es ebenso wichtig, dass sich die Patienten wie auch Frau Rehbein bewusst zu einer Verhaltensänderung entscheiden.

Sandra Rehbein fühlt sich im ersten Gespräch gut aufgehoben – und entscheidet sich für eine Veränderung. In den Wochen danach nimmt sie verschiedene Arztbesuche wahr und wird unter anderem auch von einem Psychologen untersucht. Reckling erklärt: „Für eine Ernährungsumstellung und auch eine Operation müssen zunächst eine Reihe gesundheitlicher Aspekte abgeklärt werden. Natürlich dürfen manche Erkrankungen nicht vorliegen und auch der Grund für das Übergewicht muss erkannt werden. Bei manchen kann dies auch an der Psyche liegen.“ Nur wenige Wochen später beginnt Sandra Rehbein mit der Ernährungsberatung und stellt erste Essgewohnheiten um. Auf diese Weise hat sie bis zur geplanten Operation schon rund 25 kg abgenommen.

Die Operation am Klinikum übernimmt in Sandra Rehbeins Fall Oberarzt Fawzi Elmagbool. Er leitet den Adipositas-Schwerpunkt aus ärztlicher Sicht. „Bei Frau Rehbein haben wir uns zu einem sogenannten Magen-Bypass entschieden“, so Elmagbool. Dabei handelt es ich um ein Operationsverfahren, bei dem ein großer Teil des Magens und des Dünndarms umgangen wird, sodass nur ein kleiner Magen (Pouch) verbleibt. Das Ergebnis ist ein verkürzter Verdauungsweg und das schnellere Einsetzen des Sättigungsgefühls, was wiederum zu einer Gewichtsabnahme führt. Außerdem ergibt sich eine bessere Stoffwechselsituation, sodass nicht nur das Gewicht reduziert wird, sondern auch Begleiterkrankungen, wie beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes oder nächtliche Atemaussetzer, verbessert werden. Das sorgt für einen insgesamt besseren Gesundheitszustand, eine bessere Lebenserwartung und Lebensqualität. Ohne die Operation zusammen mit der Ernährungs- und  Bewegungstherapie, erklärt Elmagbool, wäre die Gewichtsreduktion in dieser Form nicht möglich gewesen, und ergänzt: „Um nach einer solchen Operation nun Mangelerscheinungen zu vermeiden, sollten die Patienten weiterhin bestimmte Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.“

Das Krankenhaus kann Sandra Rehbein bereits wenige Tage nach dem Eingriff verlassen: „Während der gesamten Zeit habe ich mich auf der Station sehr gut aufgehoben gefühlt. Vor dem Eingriff hatte ich selbstverständlich etwas Respekt.“ Mit jedem Tag fühlt sich die 53-Jährige besser; auch die anfängliche Übelkeit, ein bekanntes Symptom nach dieser OP, lässt schnell nach.

Heute nennt ihr Mann die Hersfelderin gerne mal „ein halbes Portiönchen“: Sandra hat ihr Körpergewicht insgesamt nahezu halbiert. Bei diesem gesamten Prozess hat ihre Familie sie sehr unterstützt: „Wir haben neue Essgewohnheiten eingeführt und ich habe heute auch einige andere Lieblingsgerichte als vorher.“ Auch ihre Haflinger-Stute kann sie nun wieder wie früher gewohnt reiten. „Es ist ein ganz neues Lebensgefühl – und das zeige ich auch gerne“, so Rehbein, die heute ganz anders shoppen geht und auch wieder mehr Sport betreibt. So tue sie einiges für den Muskelaufbau, wie Reha-Sport, Schwimmen, Radfahren und natürlich Reiten. Anderen Betroffenen rät sie eindringlich dazu, sich beraten zu lassen und den Mut und die Motivation für die Veränderung aufzubringen – das sei es definitiv wert. Außerdem besucht sie weiterhin den Adipositas-Schwerpunkt.

Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Chefarzt Dr. med. Christian Plötz
Klinikum Bad Hersfeld GmbH
Seilerweg 29
36251 Bad Hersfeld

Adipositas Therapieschwerpunkt 06621 / 88 15 27
Angelina Reckling
Fachkoordinatorin für Adipositas/metabolische Erkrankungen