Der plötzliche Herztod droht

Das Thema
„Das schwache Herz“ ist das Motto der Herzwochen 2017 der Deutschen Herzstiftung vom 1. bis 30. November. Laut aktuellem Herzbericht ist die Zahl der Patienten mit Herzschwäche seit Jahren steigend. In Deutschland wird die Zahl der Betroffenen auf zwei bis drei Millionen geschätzt. Rund 300 000 kommen jedes Jahr neu hinzu, 50 000 sterben an der Krankheit.

Was ist ein schwaches Herz überhaupt und wie können Betroffene damit leben? Wir haben mit PD Dr. Dieter Fischer, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am HKZ in Rotenburg, über das Thema gesprochen.

Wann gilt ein Herz als schwach?
Als schwach gilt das Herz, wenn dieses es nicht mehr schafft, ausreichend Blut in den Körperkreislauf zu pumpen und so die Organe mit Sauerstoff zu versorgen. Die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist eine ernsthafte Erkrankung, die im schlimmsten Fall zum Tode führt. Unterschieden werden laut Dr. Fischer zwei Formen: die systolische und die diastolische Insuffizienz. Deutlich häufiger tritt die systolische Herzinsuffizienz auf, dabei ist die Pumpfunktion (Systole) des Herzens gestört, das heißt, der Herzmuskel zieht sich nicht mehr richtig zusammen, was eine zu geringe Pumpkraft zur Folge hat. Bei der diastolischen Herzinsuffizienz hingegen liegt eine Funktionsstörung in der Entspannungs- beziehungsweise Erschlaffungsphase des Herzens (Diastole) vor. Die Pumpfunktion des Herzens ist nicht beeinträchtigt. Patienten, die von dieser Form der Herzschwäche betroffen sind, leiden laut Fischer häufig an Bluthochdruck.

Welche Symptome weisen auf eine Herzinsuffizienz hin?
Die Symptome können ganz unterschiedlich sein. Meist leiden Betroffene typischerweise unter Atemnot beziehungsweise Luftmangel. Das kann bei Belastung der Fall sein, aber auch im Ruhezustand. Weitere Hinweise können Leistungsabfall sowie geschwollene Beine und Schwellungen an den Knöcheln sein, die durch Wassereinlagerungen im Körper entstehen. Im fortgeschrittenen Stadium kann zudem Bauchwasser auftreten. „Oft können Patienten auch nur noch mit hochgelagertem Oberkörper schlafen und müssen nachts häufig Wasser lassen“, weiß Fischer aus der Praxis. Weil diese Symptome so allerdings auch bei anderen Erkrankungen auftreten – die Atemnot zum Beispiel bei einer Lungenerkrankung – denken Betroffene laut Fischer nicht immer gleich ans Herz, und aus dem gleichen Grund wird die Herzinsuffizienz nicht immer gleich erkannt.

Welche Ursachen hat ein schwaches Herz?
Die Ursachen für eine Herzschwäche können ganz unterschiedlich sein. Zum einen können die Herzinsuffizienz beziehungsweise die sie auslösenden anderen Erkrankungen des Herzmuskels angeboren sein. Zum anderen kann eine Herzschwäche aber auch die Folge etwa nach einem Herzinfarkt oder einer Herzmuskelentzündung sein. Herzklappenfehler oder Rythmusstörungen können ebenfalls dazu führen, dass das Herz nicht mehr richtig arbeitet und eine akute oder chronische Schwäche bedingen. Weiterhin sind unbehandelter Bluthochdruck ein Risiko ebenso wie verengte Herzkranzgefäße. „In seltenen Fällen kann eine Stoffwechselerkrankung Grund für eine Herzschwäche sein“, so Fischer. „Oder nach einer Schwangerschaft kann plötzlich eine Herzinsuffizienz auftreten.“ Risikopatienten sind Raucher, Diabetiker oder Menschen mit familiärer Vorbelastung oder zu hohen Cholesterinwerten.

Welche Folgen drohen bei einer Herzschwäche?
Wer ein schwaches Herz hat, unterliegt einem erhöhten Risiko, den sogenannten plötzlichen Herztod zu erleiden. „Das ist die Haupttodesursache“, warnt der Kardiologe. Eine Herzschwäche sollte man deshalb nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Prognose für Betroffene sei schlechter als bei manchen Tumoren. Davon abgesehen, schränken natürlich auch die genannten Symptome von Leistungsabfall bis Atemnot das gewohnte Leben ein.

Zum Hausarzt oder gleich in die Klinik?
Der Hausarzt ist in der Regel der erste Ansprechpartner und kann bei Bedarf beziehungsweise Verdacht auf eine Herzschwäche an einen Spezialisten überweisen. Bei akuten gesundheitlichen Problemen, wie starkem anhaltendem Luftmangel, sollte aber natürlich gleich eine Klinik oder die Notaufnahme aufgesucht werden, sagt auch Dr. Fischer.

Wie erkennt der Arzt ein schwaches Herz?
Zunächst verschafft sich der Arzt einen Überblick über die Krankengeschichte des Patienten und beginnt mit den üblichen körperlichen Untersuchungen. Um eine Herzinsuffizienz zu erkennen, gibt es verschiedene Untersuchungsmöglichkeiten und Methoden. Erste Hinweise kann zum Beispiel ein EKG geben, des Weiteren können Ultraschall- und Katheteruntersuchungen sowie die Kernspintomografie und bestimmte Laborwerte die Diagnose sichern. „Man arbeitet sich vom Banalen bis zum Spezifischen vor“, erläutert der Kardiologie das Vorgehen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Wie in den meisten Fällen, gilt auch bei der Diagnose einer Herzschwäche zunächst: Je eher, desto besser. „Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto mehr Therapiemöglichkeiten gibt es und desto größer ist die Chance, sie wirksam zu bekämpfen“, sagt Fischer. Generell hängt die Therapie von der Ursache ab. Sind Engstellen an den Herzkranzgefäßen der Grund für die Herzinsuffizienz, kann ein Stent oder Bypass helfen, ein Herzklappenfehler kann mitunter ebenfalls mit einem operativen Eingriff behoben werden. Auch eine Schrittmachertherapie kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein. Der letzte und seltene Schritt ist die Transplantation eines Spender- oder Kunstherzes. Nach einer Herzmuskelentzündung ist vor allem Schonung angesagt. Darüber hinaus sind laut Fischer Medikamente und deren regelmäßige und hoch dosierte Einnahme das das A und O. „Wer sich daran hält, lebt nachweislich länger,“ betont der Kardiologe. Die medikamentöse Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Herzschwäche, der in vier Stadien eingeteilt wird.

Was können Betroffene selbst tun?
Nach einer OP oder parallel zur einer medikamentösen Therapie ist laut Fischer die Anbindung an einen Kardiologen oder eine Spezialambulanz für die spezifische Nachsorge von großer Bedeutung. Von einer Herzschwäche Betroffene sollten sich außerdem täglich und zur gleichen Zeit wiegen, um mögliche Wassereinlagerungen rechtzeitig festzustellen. Und sie sollten nicht mehr als zwei Liter Flüssigkeit pro Tag aufnehmen. Empfohlen wird zudem ein moderates Training, beispielsweise in einer Herzsportgruppe. „Ein schwaches Herz bindet nicht an den Sessel“, sagt Fischer.

Seminare für Patienten und Angehörige

  • Ein Seminar im Rahmen der Herzwochen der Deutschen Herzstiftung bietet das Klinikum Bad Hersfeld am Samstag, 18. November, von 9.15 Uhr bis 14 Uhr im Hotel am Kurpark an. Auf dem Programm stehen Vorträge zu verschiedenen Themen rund um das diesjährige Motto „Schwaches Herz“.
  • Im Durstewitz-Saal des Herz-Kreislauf-Zentrums in Rotenburg findet das Herzseminar mit mehreren Referenten für Patienten, Angehörige und sonstige Interessierte am Mittwoch, 29. November, von 18 bis 20 Uhr statt. Der Eintritt ist bei beiden Veranstaltungen frei, Anmeldungen sind nicht notwendig.

Zur Person

DR. DIETER FISCHER (45 Jahre) kommt aus Lingen im Emsland. Er hat in Hannover studiert und dort auch seine Facharztausbildung absolviert. Zuletzt war Fischer leitender Oberarzt am Uniklinikum in Münster. Seit 1. April 2017 ist er Chefarzt der Klinik für Kardiologie am Herz- und Kreislaufzentrum in Rotenburg (HKZ). Fischer wohnt in Bad Hersfeld und lebt in einer festen Beziehung. (nm)

Hier finden Sie den Bericht aus der Hersfelder-Zeitung vom 08.11.2017