Besser als befürchtet


So soll der Neubau des Klinikums Bad Hersfeld aussehen, hier die Sicht auf den Haupteingang.

Das Klinikum Hersfeld-Rotenburg rechnet für das Jahr 2022 mit einem Fehlbetrag von rund 15 Millionen Euro. Der Wirtschaftsplan für den kommunalen Krankenhauskonzern war sogar von 20 Millionen Euro ausgegangen. „Ganz so schlecht wie befürchtet war das Jahr dann doch nicht“, sagte der Geschäftsführer des Klinikums, Rolf Weigel, im Gespräch mit unserer Zeitung. Das Klinikum steht mit seinen roten Zahlen nicht allein da. In dieser Woche hatte auch der Hessische Städtetag Alarm geschlagen: Die meisten kommunalen Krankenhäuser rutschten immer weiter ins Minus. Ändere sich nichts, drohe vielen Häusern die Insolvenz.  Defizitär seien alle 60 Klinik-Standorte in kommunaler Trägerschaft. Ohne diese Unterstützung käme es längst „reihenweise zum Kliniksterben“, sagte Steffen Gramminger, Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft, dem Hessischen Rundfunk.

Vor diesem Hintergrund begrüßt der Geschäftsführer der Klinikums Hersfeld-Rotenburg die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Der SPD-Minister will die Medizin wieder in den Vordergrund stellen und weg von den bisher gültigen Fallpauschalen. Stattdessen sollen die Vorhalteleistungen für Personal, Notaufnahme oder Medizintechnik durch feste Beträge finanziert werden. „Der Lauterbachplan ist richtig, es fehlen aber klare Angaben, wie das Geld verteilt wird“, meint Weigel.

Zwar stimme die Grundsatzentscheidung, allerdings werde der Topf des Geldes dadurch nicht größer, sondern nur die Art der Verteilung anders. „Zurzeit befinden wir uns in einem Raubtierkäfig, es gilt das Gesetz des Stärkeren. Wer jetzt den Prozess überlebt, der hat es geschafft, alle anderen kippen“, warnt Weigel. Deshalb müsse es einen Plan geben, welche Kliniken wo für die Versorgung gebraucht werden. Vor diesen Hintergrund hält Weigel den Umbau des Klinikkonzerns und die Konzentration auf einen Standort für richtig, „so schmerzhaft der Prozess auch ist“.

Unterdessen laufen im Klinikum die Planungen für den Neubau und die Umstrukturierung auf Hochtouren.

Klinikum treibt die Umstrukturierung voran, Ein OP, der nach Café riecht


Linksherzkathetermessplatz

Trotz eines erwarteten Fehlbetrags von 15 Millionen Euro für das Jahr 2022 blicken der Geschäftsführer des Klinikums Hersfeld-Rotenburg, Rolf Weigel, der Kaufmännische Direktor Sascha Sandow und der Medizinische Direktor Dr. Dalibor Bockelmann weiterhin optimistisch in die Zukunft. Zwar liege der Krankenhauskonzern „leicht unter den geplanten Leistungen, aber es gab keinen schrecklichen Einbruch“, sagt Weigel.

Auch bei der Geburtenentwicklung gebe es einen leichten Zuwachs von 830 auf 860 im Jahr 2022. Die Orthopädie implantierte im vergangenen Jahr nahezu 1000 künstliche Knie- und Hüftgelenke, so viel habe man noch nie geschafft. „Wir haben eine Stabilisierung erreicht“ resümiert Weigel.

Gleichzeitig arbeite man weiter an Umbau des Klinikkonzerns. „Unser Unternehmen belasten die Vorhalteleistungen an drei Standorten. Wir werden nur für Inanspruchnahme, aber nicht für Vorhaltung bezahlt“, sagt Weigel. Deshalb sei der Lauterbach-Plan grundsätzlich richtig. „Um Kopf über die Wasserlinie zu halten, müssen wir konsolidieren, das ist das Ergebnis des Curacon-Gutachtens“, dessen Empfehlungen umgesetzt werden.

So sei die Ambulantisierung der Augenheilkunde „gut gelungen“, meint der Geschäftsführer, räumt aber ein, dass das Netz für Notfälle oder die stationäre Versorgung „breiter geworden sei“, also nicht mehr so engmaschig wie bisher behandelt werden könne. Dies habe auch zu vereinzelten Beschwerden geführt.

Auch der Aufbau eines ambulanten OP-Zentrum werde vorangetrieben, „Das ist einer der wirklichen Mega-Trends in der Medizin“, erklärt der Medizinische Direktor Dr. Dalibor Bockelmann. So werde im Bettenhaus West eine ganze Ebene für das ambulante Operieren umgebaut. Ziel sei eine Vereinfachung der Prozesse mit einer „klaren Einflugschneise“, so Bockelmann. Dabei spielten auch die Digitalisierung und die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. „Das soll ein sympathischer Bereich werden, der nicht nach Krankenhaus, sondern nach Café riecht“. Gleichwohl sei dieses neue OP-Zentrum nur eine Übergangslösung für drei bis vier Jahre, bis der geplante Anbau fertig ist. Danach soll der ambulante OP in den bisherigen Operationssälen untergebracht werden. Zugleich wurde ein neuer Linksherzkathetermessplatz angeschafft, eine neues CT und MRT sind ebenfalls bestellt. „Bei allen Groß-Investitionen haben wir aber immer auch den Neubau im Blick, damit alle Großgeräte später problemlos dorthin umziehen können“, betont der Kaufmännische Direktor Sascha Sandow. Diese modernen Behandlungsmethoden, aber auch flexible Arbeitszeitmodell wie „Flexpool“ machten das Klinikum attraktiv, wie sich an der Zahl der Bewerbungen ablesen lasse.

In diesem Jahr sei auch die Einführung von OP-Robotern geplant. Auch dafür benötige man speziell ausgebildetes Personal. Auch hier konnten erste Mitarbeiter verpflichtet werden. Roboter-OP eignen sich vor allem für Eingriffe an der Prostata, im Enddarm, an Bauchspeicheldrüse oder Leber, weil sie präziser und gewebeschonender sind, und weil die Instrumente dreidimensional bewegt werden können, erläutert Dr. Bockelmann. „Damit sind wir in Nord- und Osthessen das erste Haus, das Roboter-Ops macht“, sagt Rolf Weigel mit einigem Stolz.

Es wird kein Verkehrschaos geben“

Pläne für Bauphase am Klinikum – Verkehrsführung über zwei Strecken

Am Klinikum laufen die Planungen für den Neubau auf Hochtouren. „Wir haben viel Unterstützung aus den Ministerien bekommen“, sagt Sascha Sandow, der die Planungen koordiniert. Zurzeit prüfe das Bundesamt für soziale Sicherung in Bonn die Pläne. Man hoffe auf einen positiven Bescheid.

Beim Neubau soll auch die Nachhaltigkeit eine große Rolle spielen. „Wir planen große Zisternen sowie Wärme- und Kältepumpen, damit der Neubau fast ohne fossile Brennstoffe auskommt“, sagt Sandow. Wenn alles glatt geht, soll der Bauantrag im April eingereicht werden. Auch dem Magistrat von Bad Hersfeld sei die Bauplanung vorgestellt worden.

Dabei geht es vor allem um die Zu- und Abfahrt des Baustellenverkehrs. „Es wird kein Verkehrschaos geben“, verspricht Geschäftsführer Weigel.

Deshalb nutze das Klinikum dieselben Verkehrsplaner wie die Stadt. Sie planen auch das Wever-Areal und beziehen das Klinikum in die Planungen ein. So soll beispielsweise der Baustellenverkehr die Wehneberger Straße hinauf fahren, die leeren Lastwagen dann über den Seilerweg zurück. „Während der Bauphase und auch wenn der Neubau steht, werden nach Einschätzung der Gutachter alle Grenzwerte eingehalten oder sogar unterschritten. Trotzdem wird zukünftig eine zweite Zuwegung für das Klinikum vonnöten sein“, sagt Weigel. Als eine der möglichen Lösungen sei deshalb eine Zufahrt über den Zellersgrund zu prüfen.

Erschwerend kommt hinzu, dass etwa zeitgleich auch die Bauarbeiten an der Hochbrücke in Bad Hersfeld beginnen sollen.

Fünf Jahre Bauzeit in zwei Abschnitten sind für die neue Überführung der B 342 über die Bahngleise vorgesehen, die Kosten sollen sich nach bisherigen Schätzungen bei etwa 45 Millionen Euro bewegen.

Bauherr ist die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, kurz DEGES. Die Hochbrücke wurde 1968 fertiggestellt und ist trotz umfangreicher Sanierung durch Hessen Mobil im Jahr 2016 erneuerungsbedürftig. Die Restnutzungsdauer laufe 2025 ab. Zudem sollen in dieser Zeit auch die Arbeiten im Wever-Gelände und am Stadtarchiv beginnen.

Hier finden Sie den Bericht aus der Hersfelder-Zeitung vom 21.01.2023

Besser als befürchtet, HZ v. 21.01.2023