Adipositas-Team des Klinikums unterstützt auf dem Weg in ein leichteres Leben

„Sorge dich gut um Deinen Körper, es ist der einzige Ort, den Du zum Leben hast“. Diese weisen Worte von Jim Rohn im Rahmen der Power-Point-Präsentation waren Aufforderung und Ermutigung für alle von Adipositas Betroffenen im Raum, sich ihrem Problem zu stellen und gemeinsam gegen die Pfunde zu kämpfen. Das Adipositas-Team am Klinikum lud am Donnerstag zu einer Patientenveranstaltung ein, um über das Thema Übergewicht zu informieren. Seit Anfang 2015 unterstützen kompetente Fachärzte, Psychologen und Ernährungsberaterinnen rund 200 Patienten auf ihrem Weg in ein leichteres Leben. Mitbegründer Joachim Rappold, Facharzt für Psychiatrie, hat den Aufbau des Teams maßgeblich unterstützt und ist nach wie vor aktiv dabei. Koordinatorin Carola Holke führte durch den Abend.

Übersetzt heißt der Fachbegriff Adipositas krankhaft fettleibig. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist ein Mensch übergewichtig, dessen Body-Mass-Index (BMI) den Wert 25 übersteigt. Der BMI errechnet sich aus dem Körpergewicht in kg dividiert durch die Körpergröße in m im Quadrat. Liegt der Index bei 30, gilt ein Mensch als fettleibig (adipös). Bei einem Wert größer als 35 ist von schwerer Fettleibigkeit die Rede. Längst sind die Folgen der krankhaften Fettsucht zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem mit großen gesundheitlichen und ökonomischen Folgen geworden.

Starkes Übergewicht ist eine chronische Erkrankung, die oft genetisch begünstigt und multifaktoriell ist. Das massive Körpergewicht führt zu einer enorm eingeschränkten Lebensqualität mit vielen Hürden im Alltag, über die schlanke Menschen überhaupt nicht nachdenken müssen. Zahlreiche adipositasbedingte Begleiterkrankungen können unbehandelt lebensgefährlich werden. Adipositas fesselt jedoch nicht nur den Körper des Menschen, sondern auch die Seele. Es entsteht ein negatives Selbstbild, das Selbstbewusstsein ist gleich null, zahlreiche Lebenschancen sind aufgrund Schamgefühlen und selbst auferlegter Isolation verwehrt.

Wie man Übergewicht bekämpft, ist kein Geheimnis: Weniger und vor allem vernünftiger essen. Durch mehr Bewegung mehr Energie verbrauchen und mehr Fettreserven verbrennen. Das eigene Verhalten hinterfragen. Unter bestimmten Umständen bleiben diese Maßnahmen jedoch erfolglos und es kommt zum sogenannten Jo-Jo-Effekt. Erst wenn alle Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapien dauerhaft versagt haben oder aber ab einem bestimmten Alter nicht mehr greifen, kommt eine operative Behandlung als letzte Möglichkeit zum Abnehmen in Betracht. Dr. Peter Holke, Facharzt für Chirurgie, informierte über minimalinvasive Operationsmethoden wie die Schlauchmagen-OP, bei der ein großer Teil des Magens entfernt wird. Die Verdauungsfunktion bleibt erhalten. Weit verbreitet in der Adipositas-Chirurgie ist das Legen eines sogenannten Magenbypasses. Dabei wird der Dünndarm unterhalb der Speiseröhre angenäht, so dass die Nahrung Magen und Zwölffingerdarm umgeht. 70 operierte Patienten werden vom Adipositas-Team im Klinikum nachhaltig betreut.

Operierte Patienten waren anwesend und berichteten, wie der chirurgische Eingriff ihre Lebensqualität verbessert hat. Auch Carsten Proll aus Rotenburg an der Fulda meldete sich zu Wort. Der Dreiunddreißigjährige hat seinerzeit aus den Medien von dem Angebot „quasi vor seiner Haustüre“ erfahren und sich nach intensiver Beratung und ausreichender Bedenkzeit zur Schlauchmagen-OP entschlossen. 110 kg hat er bisher abgenommen, einige Kilos weniger sollen es noch werden. Die Zeiten, in denen er sich schämte, in seinem Heimatort einzukaufen, sind vorbei.

„Jetzt fange ich an zu leben“, bekräftigt eine überglückliche Patientin, die früher 200 kg auf die Waage brachte. Von einer ganz neuen Lebensqualität mit Beweglichkeit, Aktivitäten und dem zufriedenen Blick in den Spiegel berichten weitere deutlich schlankere Menschen, die zum Beispiel von Kleidergröße 54 auf Kleidergröße 36 geschrumpft sind und das durch mitgebrachte Kleidung unter Beweis stellten. Allesamt sind voll des Lobes für die außergewöhnlich gute, hilfreiche und individuelle Betreuung durch das Adipositas-Team: „Ein Geschenk an Patienten des Hauses“.

Jede Operation birgt allerdings Risiken wie jede andere Operation auch. Da der Magen von Fettleibigen eigentlich nicht krank ist, stellt eine Adipositas-OP zudem einen Eingriff am gesunden Organ dar. Die Kosten können von den Krankenkassen dennoch übernommen werden. Voraussetzung hierfür stellt eine professionelle Überprüfung der Gesamtsituation des Patienten durch ein multidisziplinäres Ärzteteam dar. Jede und jeder soll sich bewusst sein, dass die Operation allein nur anatomisch an der Funktionsweise des Körpers etwas verändern, die Lebensqualität verbessern und die Lebenserwartung verlängern kann.

„Die OP ist Starthilfe“, betont Dr. Peter Holke und weiter: „Letztendlich ist jeder für sich selbst verantwortlich. Den größten Teil müssen die Menschen selbst schaffen, wir sind Wegbereiter“. „Niemand, der zu uns kommt, wird zu etwas überredet“, versichert Carola Holke. Ob konservative oder operative Behandlung des Übergewichts infrage kommt, entscheidet der Patient. Mit Erfahrungsaustausch, Ernährungsberatung, gemeinsamen Freizeitaktivitäten und vielem mehr punktet auch die Adipositas-Selbsthilfegruppe am Klinikum Bad Hersfeld unter dem Motto: „Gemeinsam stark – leichter im Leben“. Nadja Reimer als Gruppenleiterin will als operierte Adipositas-Patientin informieren, motivieren und Hilfe zur Selbsthilfe für Betroffene und deren Angehörige geben.

Informationen unter www.klinikum-bad-hersfeld.de und E-Mail: carola.holke@klinikum-hef.de oder Telefon: 06621/88-1527. Nadja Reimer ist mobil unter 0173-7466 483 ab 17 Uhr zu erreichen. (Gudrun Schmidl) +++

Hier finden Sie den Bericht in Osthessen-News vom 04.11.2017