Wie Feuer in der Speiseröhre

„Von Sekt bekomme ich Sodbrennen“, heißt es oft. Und auch andere Nahrungsmittel oder Medikamente können das schmerzhafte Brennen in der Speiseröhre auslösen. Häufig liegen chronischem Sodbrennen jedoch organische Ursachen wie ein Zwerchfellbruch zugrunde. Wir haben mit PD Dr. Peter Vogel, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie am Klinikum in Bad Hersfeld, über das Thema gesprochen.

Sodbrennen – was ist das überhaupt?
Wer unter Sodbrennen leidet, verspürt – wie der Name schon sagt – ein mitunter äußerst schmerzhaftes Brennen hinter dem Brustbein. Grund dafür ist saurer Magensaft, der in die Speiseröhre zurückläuft, wo er eigentlich gar nicht hingehört. „Das ist eine sehr unangenehme Sache und tut weh“, weiß Prof. Dr. Peter Vogel, der nach der Einnahme von Antibiotika selbst schon unter Sodbrennen litt. Hinzu komme oft das Gefühl, dass Speisen nicht mehr richtig runterrutschen. Die Speiseröhre verläuft vom Mund durch den Brustraum bis zum Magen. Magensäure als Bestandteil des Magensafts hat einen niedrigen pH-Wert von rund 1 bis 1,5 und ist somit richtig sauer, was sogar zu Verätzungen der Speiseröhre führen kann.

Wann spricht man von chronischem Sodbrennen?
Chronisch erkrankt ist, wer dauerhaft beziehungsweise wiederholt unter Sodbrennen leidet, zuweilen auch nachts, und eben nicht nur nach dem ausgiebigen fettigen Weihnachtsessen plötzlich Schmerzen im Bereich des Brustbeins verspürt. Chronisches Sodbrennen wird oft mit der sogenannten Refluxkrankheit gleichgesetzt, auch: Rückflusskrankheit, in der Fachsprache Refluxösophagitis.

Welche Ursachen hat dauerhaftes Sodbrennen?
Ständiges Sodbrennen kann verschiedene Ursachen haben, die es herauszufinden gilt. Meist funktioniert der Schließmechanismus an der unteren Speiseröhre nicht mehr richtig, der im Normalfall dafür sorgt, dass der saure Magensaft nicht zurückläuft. Auch dafür gibt es wiederum verschiedene Gründe, die mitunter nicht erklärbar sind, wie Dr. Vogel weiß. Häufig liege der Magen nicht mehr korrekt im Bauchraum unterhalb des sogenannten Zwerchfells, das den Bauch vom Brustraum abgrenzt, sondern rutscht hoch. Dann funktioniert der Schließmechanismus nicht mehr richtig und Magensaft fließt zurück in die Speiseröhre. Der Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre kann auch zu schwach sein. Oft liegt der Refluxkrankheit beziehungsweise einem verrutschten Magen ein Zwerchfellbruch zugrunde, der ansonsten gar nicht bemerkt würde, da er von außen nicht sichtbar ist. Das Zwerchfell besteht aus Muskeln und Sehnen.

Welche weiteren Symptome gibt es?
Neben dem typischen Brennen in der Speiseröhre können auch Schmerzen in der Brust und scheinbar untypische Symptome auf die Refluxkrankrankheit hinweisen, wie chronisches Husten, Heiserkeit oder Schluckbeschwerden. Andersrum können aber auch andere Erkrankungen wie Sodbrennen erscheinen. Wichtig sei deshalb eine ärztliche Diagnose.

Wer ist von Sodbrennen betroffen?
In der Regel trifft Sodbrennen Erwachsene – Männer ebenso wie Frauen. Kinder und Jugendliche sind laut Dr. Vogel extrem selten betroffen. Schätzungsweise 15 Prozent der Bevölkerung leiden ab und zu oder dauerhaft unter dem Brennen in der Speiseröhre. Etwa drei Millionen Menschen plagten sich trotz Behandlung mit Beschwerden, so Vogel.

Wann sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen?
Wer dauerhaft beziehungsweise immer wieder unter schmerzhaftem Sodbrennen leidet und in seinem Alltag eingeschränkt ist, wird früher oder später einen Arzt aufsuchen. Generell gilt, wer häufiger unter Sodbrennen leidet, sollte der Sache auf den Grund gehen, rät der Experte, zumal Folgeschäden möglich sind. Erster Ansprechpartner ist in der Regel der Hausarzt, der an einen Facharzt weitervermitteln kann. Dort kann zum Beispiel mit Hilfe einer Magenspiegelung nach dem Grund für den Rückfluss der Magensäure gesucht werden, etwa einem Zwerchfellbruch.

Wie wird Sodbrennen behandelt?
Die Therapie hängt in erster Linie von der Ursache ab und muss individuell besprochen werden. Basis ist im Regelfall eine medikamentöse Behandlung, mit Arzneimitteln, die den Säuregehalt des Magensafts reduzieren – sogenannte Protonen-Pumpen-Inhibitoren. Die meisten Patienten sind hierdurch ausreichend behandelt. Allerdings wird durch Medikamente der Reflux selbst nicht beseitigt. Wenn säurehemmende Medikamente über lange Zeit genommen werden, sind zudem Nebenwirkungen möglich, die zwar selten, aber zum Teil schwerwiegend sind, wie Infektanfälligkeit im Magen-Darmtrakt, Knochenentkalkung, Demenz, eventuell chronisches Nierenversagen oder Herzinfarkt. Weitergehende Untersuchungen können die Ursachen für einen Reflux aufdecken. In der Regel wird zunächst eine Spiegelung von Speiseröhre und Magen vorgenommen. Die Messung des Säurereflux in die Speiseröhre erfolgt mittels einer sogenannten pH-Metrie. Die Funktion des Schließmechanismus der Speiseröhre kann mit einer Druckmessung überprüft werden.

Wann ist eine Operation sinnvoll?
Eine Operation kann immer dann erwogen werden, wenn eine reparable Ursache vorliegt, andere Behandlungsmethoden nicht mehr beziehungsweise nicht allein helfen oder Medikamente den Patienten mit Nebenwirkungen belasten. Es gibt laut Dr. Vogel verschiedene Verfahren mit jeweiligen Vor- und Nachteilen. Grob kann man unterscheiden zwischen Eingriffen, die den Schließmechanismus wieder herstellen, den Schließmechanismus zusätzlich mechanisch verstärken oder die Funktion auf natürlichem Weg wieder herstellen. Sämtliche Operationen werden minimalinvasiv durchgeführt. Etwa 30 bis 50 Operationen, die einen Zwerchfellbruch betreffen, werden jährlich am Klinikum vorgenommen. Wer sich einem operativen Eingriff unterzieht, muss in der Regel drei Tage im Krankenhaus bleiben. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse.

Welche Folgeerkrankungen drohen?
Die ständig aus dem Magen aufsteigende, ätzende Magensäure kann Entzündungen verursachen und dauerhafte krankhafte Veränderungen in der Speiseröhre. Zum Beispiel kann sich Narbengewebe bilden und die Speiseröhre verengen.

Zur Person
PD DR. PETER VOGEL wurde 1957 in Hamburg geboren. Er hat in Aachen Medizin studiert und seine Facharztausbildung an der Uni-Klinik in Regensburg absolviert. Er ist Facharzt für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie und Spezialist für minimalinvasive Chirurgie. Seit Mai 2012 ist er Chefarzt am Klinikum in Bad Hersfeld. In der Kreisstadt lebt der Arzt auch. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. (nm)

Bericht aus der Hersfelder Zeitung vom 01.03.2017