Top-Medizin aus Hersfeld

Seit vielen Jahren veröffentlicht das Nachrichtenmagazin Focus seine Besten-Listen, in denen Banken, Rechtsanwälte, Kliniken oder Ärzte bewertet werden.

Im jüngsten Ärzte-Ranking wurden gleich zwei Mediziner vom Klinikum Bad Hersfeld aufgeführt:
Der Chefarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-, Hals- und plastische Gesichtschirurgie Prof. Dr.  Peter Issing und der Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde Priv.-Doz. Dr. Werner Hütz.

Mit ihnen sprach Kai A. Struthoff.
Meine Herren, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung als Top-Mediziner 2013. Wie ist das, wenn man plötzlich als bester Arzt des Landes ausgezeichnet wird?
PROF. ISSING:
Als das Paket mit der Urkunde kam, hielt ich es zunächst für Werbung und wollte es wegwerfen. Ich war völlig  überrascht, diese Auszeichnung zu erhalten, denn ich habe mich nicht aktiv darum beworben und wurde auch nicht gefragt.
DR. HÜTZ:
Mir ging es ähnlich, es geht soviel Papier über unsere Schreibtische. Aber auch ich hatte mich nicht um diese  Auszeichnung beworben.

Nach welchen Kriterien wird dieser Preis dann vergeben?
DR. HÜTZ:
Es wird viel Wert auf die wissenschaftliche Arbeit, auf Publikationen und Vorträge bei Fachtagungen gelegt. Es  reicht nicht aus, gute und schöne Operationen zu machen. In die Wertung fließen aber auch Umfragen unter Patienten und den zuweisenden ärztlichen Kollegen ein.

Top-Mediziner vermutet man gemeinhin in den USA oder an den Uni-Kliniken in den Großstädten. Was sagt diese Auszeichnung über die Qualität der ärztlichen Versorgung hier bei uns aus?
PROF. ISSING:
Die Auszeichnung belegt, dass wir beide auf hohem, universitärem Niveau arbeiten. Wir müssen manchmal in der Peripherie eigentlich sogar besser sein als in der Uni-Klinik. Denn gerade im ländlichen Raum ist unsere Arbeit sehr transparent. Schlechte Ergebnisse sprechen sich hier schnell rum.

Gibt es in Ihren Fachgebieten spezielle Behandlungsmethoden, die in dem Ranking besonders gewürdigt wurden, oder ist das ein Querschnitt durch alles?
DR. HÜTZ:
Für meine Arbeit bezieht sich die Bewertung vor allem auf die refraktive Chirurgie und Cataract-Chirurgie – also Linsen- und Grauer Star-Behandlungen, somit Eingriffe im vorderen Bereich des Auges. In einer Universität wäre das ein eigenes Gebiet, hier macht es aber nur einen Teil meiner Arbeit aus.
PROF. ISSING:
Unser Schwerpunkt ist vor allem die Behandlung des Ohrs, dazu gehören auch die Cochlea-Implantate. Außerdem haben wir uns neben Schilddrüsenoperationen auch auf die Rekonstruktive Chirurgie zur Wiederherstellung wichtiger Körperfunktionen besonders im Kopf- und Halsbereich spezialisiert.

Der Preis ist ja nicht dotiert. Was haben Sie persönlich und was hat das Klinikum davon?
DR. HÜTZ:
Das ist nur sehr schwer abzuschätzen. Für uns ist es natürlich schön zu sehen, dass außer uns die anderen ausgezeichneten Ärzte fast nur von den Universitäten kommen. Aber ob sich das letztlich hier in Belegungszahlen  ummünzen lässt, weiß ich nicht.

Und wie ist es mit Drittmitteln und Forschungsgeldern, die wegen der Auszeichnung vielleicht eher  fließen?
PROF. ISSING:
Bei der Vergabe von Drittmitteln wird vermutlich doch eher auf Publikationen und Forschungsergebnisse geachtet. Aber ich glaube schon, dass die Focus-Auszeichnung für die Patienten eine wichtige Information darstellt. Durch derartige Preise erhält man eben eine gewisse Aufmerksamkeit. Ich merke das auch daran, dass wir hier auch internationale Patienten behandeln, die für spezielle Behandlungen extra nach Bad Hersfeld kommen.
DR. HÜTZ:
Eine wichtige Rolle spielen dabei natürlich auch Überweisungen durch Kollegen, die unsere Arbeit von Kongressen und durch Beiträge in Fachzeitungen kennen. Das lief allerdings auch schon vor der Focus-Auszeichnung gut.

Wie hat man Ihre Auszeichnung hier im Klinikum gefeiert?
PROF. ISSING:
Im Anschluss an die Chefarztkonferenz wurde die Auszeichnung von Herrn Dr. Hütz und mir kurz bekannt  gegeben. Eine Feier gab es nicht.

Aber der Ruf eilt Ihnen trotzdem voraus. Müssen sich Ihre Patienten jetzt Sorgen machen, dass Sie an andere  Kliniken wechseln?
DR. HÜTZ:
(lacht) Mich nimmt keiner mehr, dazu bin ich viel zu alt.
PROF. ISSING:
(schmunzelt auch). Na ja, wenn jemand ruft, dann würde ich mich schon geehrt fühlen, aber die Kollegen, die an  Universitäten berufen werden, sind tatsächlich meist deutlich jünger.

Zur Person
PROF. DR. PETER R. ISSING (52) wurde in Würzburg geboren und hat dort Medizin studiert. In Tübingen und  Hannover wurde er zum HNO-Facharzt ausgebildet. In Hannover hat er zehn Jahre am weltweit größten Cochlea Implantat-Zentrum gearbeitet. Seit 2003 ist Prof. Dr. Issing am Klinikum in Bad Hersfeld tätig.
DR. WERNER HÜTZ wurde 1950 in Neuss geboren. Er hat in Bochum und Essen Medizin studiert und in Essen  seine Assistenzzeit absolviert. Danach war Dr. Hütz Oberarzt unter anderem an der Uni-Klinik in Gießen. Mit nur 37 Jahren wurde Dr. Hütz 1987 Chefarzt am Klinikum in Bad Hersfeld. (Foto u. Text: Kai Struthoff)

pdf Artikel aus der HZ vom 10.02.2014